Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute das Verfahren einer Leipziger Psychologin an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen, die in der DDR zersetzenden Maßnahmen des Staatssicherheitsdienstes ausgesetzt war.
Die Klägerin war von 1974 bis Mitte 1981 beim Rat des Stadtbezirks Nord der Stadt Leipzig als Diplompsychologin beschäftigt. Sie gehörte in dieser Zeit verschiedenen oppositionellen Gesprächskreisen an, die durch den Staatssicherheitsdienst der DDR beobachtet und "operativ bearbeitet" worden waren. Die gegen die Klägerin gerichteten Maßnahmen fanden Mitte 1979 ihr Ende, weil das Ziel als erreicht galt. Die Klägerin beendete zwei Jahre später aus eigener Initiative ihr Arbeitsverhältnis bei der Stadt Leipzig und nahm ein Theologiestudium auf. Im Klageverfahren machte sie ohne Erfolg geltend, sie habe sich zur Aufgabe ihres Berufes gezwungen gesehen, weil sie infolge von Maßnahmen gegen Freunde und Bekannte selbst einer Zwangslage ausgesetzt gewesen sei, der sie sich nur durch Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und einer Flucht "unter das Dach der Kirche" habe entziehen können.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen, weil das Gericht den Begriff der Verfolgungsmaßnahme im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes nicht vollständig geprüft hat. Eine berufliche Benachteiligung kann auch dann vorliegen, wenn ein gegen Dritte gerichtetes Maßnahmebündel des MfS die Berufsaufgabe eines Unbeteiligten zwar nicht bezweckte, aber doch objektiv geeignet gewesen war, für diesen eine Zwangslage zu schaffen, von der er annehmen durfte, drohender eigener Verfolgung durch Aufgabe des Berufes zuvorkommen zu können. Das Verwaltungsgericht wird nun zu prüfen haben, ob sich die Klägerin wegen der gegen Freunde und Bekannte gerichteten Maßnahmen in einer solchen Zwangslage sehen konnte.
BVerwG 3 C 40.09 - Urteil vom 23. September 2010
Vorinstanz:
VG Chemnitz, Urteil vom 11. November 2008 - VG 3 K 161/06 -
weitere Pressemitteilungen
|