Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine besondere Art der Mitgliedschaft
von Unternehmen in Arbeitgeberverbänden, die Mitgliedschaft ohne
Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). OT-Mitglieder können die
Serviceleistungen und die Interessenvertretung des Verbandes in Anspruch
nehmen, werden aber von der Tarifbindung nach § 3 Abs. 1 des
Tarifvertragsgesetzes (TVG) nicht erfasst. Das Bundesarbeitsgericht hat
in einer früheren Entscheidung vom 18. Juli 2006 die Zulässigkeit der
OT-Mitgliedschaft grundsätzlich anerkannt.
Die Beschwerdeführerin, ein Maschinenbauunternehmen, ist Mitglied eines
Arbeitgeberverbandes, der in seiner Satzung die Möglichkeit einer
Mitgliedschaft ohne Tarifbindung schuf. Danach sollten nur diejenigen
Verbandsmitglieder an Verbandstarifverträge gebunden sein, die sich den
vom Verband eingerichteten Fachgruppen angeschlossen hatten. In den
Fachgruppen sollten die Arbeitsbedingungen in den angeschlossenen
Betrieben durch Abschluss von Tarifverträgen geregelt werden. Außerdem
regelte die Satzung einen so genannten Unterstützungsfonds, der den
Verbandsmitgliedern die Durchführung von Arbeitsstreitigkeiten im
Interesse des im Verband zusammengeschlossenen Berufsstandes ermöglichen
sollte; an der Verwaltung des Fonds wurden auch die OT-Mitglieder des
Verbandes beteiligt. Die Beschwerdeführerin gehörte ursprünglich der
Fachgruppe Metall an, die wiederum Mitglied des Gesamtverbandes Metall
NRW war. Nach Kündigung ihrer Mitgliedschaft in der Fachgruppe
vereinbarte die Beschwerdeführerin mit dem Kläger des Ausgangsverfahrens
eine Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Nachdem der Kläger der
IG Metall beigetreten war, verlangte er von der Beschwerdeführerin eine
Lohnabrechnung auf der Grundlage des zwischen der IG Metall und dem
Gesamtverband Metall NRW geschlossen Manteltarifvertrages und klagte auf
Bezahlung der sich danach ergebenden Lohndifferenz.
Das Bundesarbeitsgericht gab seiner Klage statt. Die Satzung des
Arbeitgeberverbandes weise nicht die koalitionsrechtlich gebotene
eindeutige Trennung zwischen Mitgliedern mit und ohne Tarifbindung auf
mit der Folge, dass der Austritt aus der Fachgruppe nicht zum Wegfall
der Tarifgebundenheit geführt habe. Die Beschwerdeführerin sieht sich
durch diese Entscheidung in ihrer Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3
GG und ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen
Freiheit verletzt.
Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine
Aussicht auf Erfolg hat.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Es kann dahinstehen, ob durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
in die Berufsfreiheit und/oder die Koalitionsfreiheit der
Beschwerdeführerin eingegriffen wird, da diese Eingriffe jedenfalls
verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind.
Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie, die das Bundesarbeitsgericht
zur Rechtfertigung der Notwendigkeit einer eindeutigen Trennung zwischen
der Mitgliedschaft mit und ohne Tarifbindung herangezogen hat, stellt
einen Belang von Verfassungsrang dar. Die Tarifautonomie ist darauf
angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer
beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln
auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der
Löhne und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Durch eine Einflussnahme
nicht tarifgebundener Mitglieder auf Entscheidungen des
Arbeitgeberverbandes kann das für das Zustandekommen eines
interessengerechten Tarifvertrages erforderliche
Verhandlungsgleichgewicht strukturell gestört sein. Nur wenn das
Vorgehen des Arbeitgeberverbandes bei Tarifvertragsverhandlungen und im
Arbeitskampf nicht von einer Gruppe von Mitgliedern mitbestimmt wird,
die eine Tarifbindung für sich generell ablehnen, kann typischerweise
ausgeschlossen werden, dass sich der Verband von sachfremden Einflüssen
leiten lässt und die Tarifvertragsverhandlungen zu nicht sachgerechten
Ergebnissen führen.
Die Beschwerdeführerin wird durch die vom Bundesarbeitsgericht
aufgestellten Anforderungen an die Trennung der Mitgliedschaftsbereiche
im Arbeitgeberverband nicht unzumutbar belastet. Denn die Möglichkeit
der Mitwirkung der OT-Mitglieder im Arbeitgeberverband ist nur in dem
Umfang eingeschränkt, der erforderlich ist, um sachfremde Einflüsse auf
Tarifverhandlungen und Tarifergebnisse auszuschließen. Es begegnet
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass das Bundesarbeitsgericht
für die Beurteilung der Trennung der Mitgliedschaftsbereiche allein auf
die Regelungen der Satzung des Verbandes abgestellt und angesichts der
satzungsmäßigen Möglichkeit der Einflussnahme der OT-Mitglieder auf
Entscheidungen über den Unterstützungsfonds als Mittel des
Arbeitskampfes eine hinreichende Trennung der Mitgliedschaftsbereiche
verneint hat. Der Beschwerdeführerin bleibt die Möglichkeit der
OT-Mitgliedschaft für die Zukunft grundsätzlich erhalten, sofern der
Arbeitgeberverband seine Satzung den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts
anpasst.
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