Die drei Beschwerdeführer wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden
gegen die unterschiedlichen Steuersätze, Freibeträge und
Steuerbefreiungen nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz in
der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008,
durch die sie als Erblasser unmittelbar in der Ausübung ihrer
Testierfreiheit betroffen seien. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer
erheblichen, vererbbaren Vermögens - darunter Wohn- bzw.
Gewerbeimmobilien sowie ein mittelständisches Produktionsunternehmen -,
das nach ihrem Vorbringen nicht unter die Steuerbefreiung bzw. die
steuerlichen Vergünstigungen nach dem ErbStG fällt. Sie machen im
Wesentlichen geltend, dass die gesetzliche Ausgestaltung der
Steuerbefreiung von Familienheimen sowohl gegenüber sonstigem Vermögen
als auch im Hinblick auf die Wohnflächenbegrenzung gleichheitswidrig
sei. Diskriminierend sei es ferner, dass das Familienheim zwar für
Ehegatten und gleichgeschlechtliche Lebenspartner, nicht hingegen für
verwandtschaftliche Einstandsgemeinschaften steuerfrei gestellt werde.
Die Erbschaftsteuer stelle einen Anreiz dar, Betriebe oder Immobilien
vor dem Erbfall zu veräußern und das Vermögen ins erbschaftsteuerfreie
Ausland zu verlagern.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sind
unzulässig, weil sie die erforderliche Selbstbetroffenheit der
Beschwerdeführer durch das neue Erbschaftsteuergesetz nicht hinreichend
erkennen lassen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen eine
gesetzliche Vorschrift oder einen sonstigen Hoheitsakt, muss der
Beschwerdeführer darlegen, durch die angegriffene Norm selbst,
gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten oder
grundrechtsgleichen Rechten verletzt zu sein.
Dieses Erfordernis der Selbstbetroffenheit ist hier nicht erfüllt, da
nicht erkennbar ist, dass die Beschwerdeführer als Erblasser von dem
Erbschaftsteuergesetz in den als verletzt gerügten Grundrechten,
namentlich der Testierfreiheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 2. Alt GG), selbst
betroffen werden. Die Erbschaftsteuer belastet die Bereicherung des
Erben; der Nachlass als solcher ist nicht Besteuerungsgegenstand.
Steuerpflichtiger ist allein der Erbe, nicht der Erblasser. Der
Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. GG umfasst, soweit er
den Erblasser betrifft, lediglich dessen Recht zu vererben, d. h. die
Testierfreiheit als Verfügungsbefugnis über den Tod hinaus, die auch
durch eine ausschließlich an den Erben adressierte Erbschaftsteuer nicht
ausgehöhlt werden darf. Jedoch vermag nicht schon jeder durch
ökonomische Günstigkeitserwägungen veranlasste Einfluss auf die
Testierentscheidung des Erblassers im Hinblick auf einen künftigen
Erbfall eine die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde rechtfertigende
Selbstbetroffenheit durch das Erbschaftsteuerrecht zu begründen.
Die von den Beschwerdeführern angegriffenen Regelungen des
Erbschaftsteuerrechts lassen die Testierfreiheit des Erblassers
unberührt. Es ist allen potentiellen Erblassern weiterhin unbenommen,
als Erben einzusetzen, wen sie wollen, und frei über die Zuwendung ihrer
Vermögensgegenstände zu entscheiden. Die Beschwerdeführer tragen auch
nicht plausibel vor, dass in ihrem Fall die angefochtenen Regelungen zu
einer Aushöhlung der Testierfreiheit führen oder dass aufgrund der
angefochtenen Vorschriften das Vererben für sie wirtschaftlich sinnlos
erscheint. Soweit sie sich auf die negative finanzielle Anreizfunktion
der Erbschaftsteuer berufen, ist ihrem Vorbringen nicht konkret zu
entnehmen, dass sie bei einer anderen rechtlichen Ausgestaltung der
Erbschaftsteuer in anderer Weise testieren würden. Zudem haben die
Beschwerdeführer als testierende Erblasser keinen entscheidenden
Einfluss darauf, ob die Erben letztlich mit Erbschaftsteuer belastet
werden oder in den Genuss der durch bestimmte testamentarische
Gestaltungen angestrebten Steuervergünstigungen kommen. Denn Erben
können vorversterben, das Erbe ausschlagen oder sich gar zum Beispiel
aufgrund einer erst nach dem Erbfall bekannt gewordenen Verfehlung
gegenüber dem Erblasser als erbunwürdig erweisen.
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