Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der für eine
Wohnungsdurchsuchung erforderliche Anfangsverdacht ohne
Verfassungsverstoß auf Daten gestützt werden kann, die ein Informant aus
Liechtenstein auf einem Datenträger an die Bundesrepublik Deutschland
verkauft hat.
Gegen die Beschwerdeführer wird wegen des Verdachts der
Einkommensteuerhinterziehung in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2006
ermittelt. Das Amtsgericht ordnete die Durchsuchung der Wohnung der
Beschwerdeführer an. Den erforderlichen Anfangsverdacht stützte es
darauf, dass im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Liechtensteiner
Treuhänder bekannt geworden sei, dass die Beschwerdeführer über
Vermögensanlagen in Liechtenstein verfügten. Aus diesem Vermögen seien
Kapitalerträge nicht erklärt und dadurch voraussichtlich Steuern in den
Jahren 2002 bis 2006 zwischen 16.390 € und 24.270 € verkürzt worden.
Auf Antrag der Beschwerdeführer gewährte die Staatsanwaltschaft ihnen
Akteneinsicht in die bei ihr vorhandenen Ermittlungsakten und teilte
mit, dass die Daten aus Liechtenstein der Steuerfahndung im Wege der
Amtshilfe durch den Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellt
worden seien. Eine Einsichtnahme in das Sicherstellungsverzeichnis
bezüglich des Datenträgers und in Protokolle über die Vernehmung des
Informanten könne nicht gewährt werden, da diese Unterlagen bei den
Ermittlungsbehörden nicht vorhanden seien.
Die Beschwerdeführer legten gegen die Durchsuchungsanordnung Beschwerde
ein, die sie damit begründeten, dass die der Durchsuchung
zugrundeliegenden Erkenntnisse unverwertbar seien, da die Erhebung der
verfahrensgegenständlichen Daten gegen das Völkerrecht und deren
Verwendung gegen innerstaatliches Recht verstoße.
Das Landgericht verwarf die Beschwerden als unbegründet. Der für die
Durchsuchung erforderliche Tatverdacht dürfe auf die strittigen Daten
gestützt werden. Ein Beweisverwertungsverbot bestehe selbst dann nicht,
wenn bei der Datenbeschaffung nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig
oder gar strafbar gehandelt worden sein sollte. Auch wenn
völkerrechtliche Übereinkommen umgangen worden sein sollten, sei dies
unschädlich, weil sich aus der Verletzung eines völkerrechtlichen
Vertrages, der keine persönlichen Rechte gewähre, kein Verwertungsverbot
ergebe.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die
Verletzung ihrer Rechte auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren,
ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung in Verbindung mit
dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie sowie ihres
verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie
teilweise unzulässig ist und im Übrigen keine Aussicht auf Erfolg hat.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, das Gericht hätte aufklären
müssen, wie die Strafverfolgungsbehörden in den Besitz der Daten gelangt
seien und welche Rolle der Bundesnachrichtendienst dabei gespielt habe,
ist ihre Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die Beschwerdeführer haben im
fachgerichtlichen Verfahren weder ausdrücklich noch konkludent von den
Strafverfolgungsbehörden verlangt, den Sachverhalt in Bezug auf die
Beschaffung der Datenträger aufzuklären, sondern lediglich die Einsicht
in die bei den Strafverfolgungsbehörden befindlichen Unterlagen begehrt.
Damit haben sie den Fachgerichten die Möglichkeit genommen, dazu
Stellung zu nehmen oder die entsprechenden Ermittlungen anzustellen, so
dass sie mit dieser Rüge im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört
werden können.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die
angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführer nicht in
ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1
GG. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die
Fachgerichte den für die Durchsuchung erforderlichen Anfangsverdacht
auch auf die Erkenntnisse der Daten aus Liechtenstein gestützt haben.
Bei der Frage, ob die aus Liechtenstein stammenden Daten für die Annahme
eines hinreichenden Tatverdachts für eine strafprozessuale Durchsuchung
zugrunde gelegt werden dürfen, geht es nicht um die unmittelbare Geltung
eines Beweisverwertungsverbotes, denn dieses betrifft grundsätzlich
lediglich die unmittelbare Verwertung von rechtswidrig erlangten
Beweismitteln im Strafverfahren zur Feststellung der Schuldfrage. Ob und
inwieweit Tatsachen, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, zur
Begründung eines Anfangsverdachts einer Durchsuchung herangezogen werden
dürfen, betrifft vielmehr die Vorauswirkung von Verwertungsverboten und
gehört in den größeren Zusammenhang der Fernwirkung von
Beweisverwertungsverboten. Insoweit ist anerkannt, dass
Verfahrensfehlern, die ein Verwertungsverbot für ein Beweismittel zur
Folge haben, nicht ohne weiteres Fernwirkung für das gesamte
Strafverfahren zukommt.
Unabhängig davon besteht von Verfassungs wegen kein Rechtssatz des
Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die
Verwertung der gewonnen Beweise stets unzulässig wäre. Die Beurteilung
der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale
Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu insbesondere ein
Beweisverwertungsverbot zählt, obliegt in erster Linie den zuständigen
Fachgerichten und ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere
nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung
der widerstreitenden Interessen zu entscheiden.
Die Unzulässigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Beweiserhebung führt nach
Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht ohne weiteres zu einem
Beweisverwertungsverbot. Dies gilt auch für Fälle einer fehlerhaften
Durchsuchung. Ein Beweisverwertungsverbot ist von Verfassungs wegen aber
zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen
Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen
planmäßig oder systematisch außer acht gelassen worden sind, geboten.
Ein absolutes Beweisverwertungsverbot unmittelbar aus den Grundrechten
hat das Bundesverfassungsgericht nur in den Fällen anerkannt, in denen
der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist.
Vor diesem Hintergrund sind die angegriffenen Entscheidungen nicht zu
beanstanden. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob und
inwieweit Amtsträger bei der Beschaffung der Daten nach innerstaatlichem
Recht rechtswidrig oder gar strafbar gehandelt oder gegen
völkerrechtliche Übereinkommen verstoßen haben. Denn die Gerichte haben
für ihre Bewertung, ob die Daten einem für die Durchsuchung
erforderlichen Anfangsverdacht nicht zugrunde gelegt werden dürfen,
solche Verstöße unterstellt. Soweit die angegriffenen Entscheidungen
nach Abwägung der verschiedenen Interessen zu dem Ergebnis gelangen,
dass die Daten aus Liechtenstein verwendet werden dürfen, um den
Anfangsverdacht für die Durchsuchung zu begründen, ist dies
nachvollziehbar und lässt eine verfassungsrechtlich relevante
Fehlgewichtung nicht erkennen. Die Verwendung der Daten berührt nicht
den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Diese betreffen
lediglich geschäftliche Kontakte der Beschwerdeführer mit
Kreditinstituten. Des weiteren sind Beweismittel, die von Privaten
erlangt wurden, selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte,
grundsätzlich verwertbar, so dass allein von dem Informanten begangene
Straftaten bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes von
vornherein nicht berücksichtigt werden müssen.
Auch die tatsächliche und rechtliche Beurteilung der Gerichte, dass eine
von den Beschwerdeführern gerügte Verletzung des Trennungsgebots
ausscheide, ist nicht zu beanstanden. Dieses Gebot besagt, dass
Geheimdienste keine polizeilichen Zwangsbefugnisse besitzen, also keine
Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen durchführen und somit nicht
zur gezielten Erlangung von Zufallsfunden für
nichtnachrichtendienstliche Zwecke eingesetzt werden dürfen. Die
Gerichte sind davon ausgegangen, dass der Bundesnachrichtendienst die
Daten im Wege der Amtshilfe lediglich entgegengenommen und
weitergeleitet, nicht aber ihre Herstellung, Beschaffung oder Erfassung
veranlasst habe, sondern sich der Informant von sich aus an den
Bundesnachrichtendienst gewandt habe. Die entgegenstehende Behauptung
der Beschwerdeführer, der Bundesnachrichtendienst sei nur eingeschaltet
worden, um dessen besondere Möglichkeiten auszunutzen, ist durch nichts
belegt. Schließlich ist nicht erkennbar, dass es sich bei den
unterstellten Rechtsverletzungen um schwerwiegende, bewusste oder
willkürliche Verfahrensverstöße handelt, bei denen die grundrechtlichen
Sicherungen planmäßig oder systematisch außer acht gelassen worden sind.
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