Die Beschwerdeführerinnen, zwei Presseverlage, wenden sich gegen
verschiedene zivilgerichtliche Urteile des Landgerichts Berlin und des
Kammergerichts, mit denen ihnen Wort- und teils auch
Bildberichterstattungen über die Klägerin der jeweiligen
fachgerichtlichen Ausgangsverfahren, eine Tochter der monegassischen
Prinzessin Caroline von Hannover, untersagt worden sind. Gegenstand der
Ausgangsverfahren sind Artikel in von den Beschwerdeführerinnen
verlegten Illustrierten, die über die Teilnahme der Klägerin an
Festivitäten in Paris berichten. So erschien im Jahr 2007 in der
Illustrierten „Neue Post“ ein Beitrag über die Klägerin, der auf dem
Titelblatt mit einem großformatigen Porträtfoto von ihr und der
Überschrift „Schockierende Fotos - Carolines Tochter […] - Wie
gefährlich ist das süße Leben?“ angekündigt wird. Der bebilderte Artikel
im Heftinnern stellt die Klägerin als „Monacos schönste Rose“ vor und
berichtet, dass sie sich seit kurzem „auf dem gesellschaftliche Parkett“
bewege und unter anderem zu Gast bei einer französischen AIDS-Gala
gewesen sei. Die gesonderten Klagen auf Unterlassung der
Wortberichterstattung und auf Unterlassung der Veröffentlichung des auf
dem Titelblatt gezeigten Bildnisses der Klägerin hatten jeweils Erfolg.
Gegen diese Entscheidungen wendet sich die Beschwerdeführerin zu 1) mit
den Verfassungsbeschwerden 1 BvR 1842/08 und 1 BvR 6/09.
Im weiteren Verfahren 1 BvR 2538/08 wendet sich die Beschwerdeführerin
zu 2) gegen die Untersagung einer Wortberichterstattung. In der von ihr
verlegten Illustrierten „Bunte“ veröffentlichte sie im Jahr 2007 einen
Artikel, der sich unter der Überschrift „C. [die Klägerin] erobert
Paris" mit der Pariser Modewoche und mit in deren Rahmen stattfindenden
Feierlichkeiten befasst. Der Beitrag ist mit Fotos bebildert, auf denen
die Klägerin als Gast der Feier der französischen AIDS-Hilfe zu sehen
ist. Ein weiteres Bild zeigt sie als Gast einer Feier anlässlich der
Präsentation eines Buches eines bekannten Fotografen inmitten einer
Gruppe junger Frauen, die durch die Bildbeschriftungen überwiegend als
die Töchter bekannter Eltern vorgestellt werden. Im Text des Beitrages
wird die Klägerin als Angehörige des „neuen 1-A-Goldrand-Jetsets“
vorgestellt, als „die kleine Monegassin“ beschrieben, die die
„Schönheit, Grazie, Faszination“ ihrer Mutter habe und sich „auf dem Weg
zur Gesellschaftsspitze“ befinde. Die Klage auf Unterlassung der die
Klägerin betreffenden Äußerungen war ebenfalls in beiden Instanzen
erfolgreich. Die Bebilderung des Artikels war hier nicht Gegenstand der
mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen.
Die Beschwerdeführerinnen sehen sich durch die angegriffenen
Entscheidungen in ihrer Pressefreiheit und ihrem Grundrecht auf
Meinungsfreiheit verletzt.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) gegen die
Verurteilung zur Unterlassung der Bildnisveröffentlichung nicht zur
Entscheidung angenommen, weil Gründe für eine Annahme nicht vorliegen,
insbesondere die Beschwerdeführerin zu 1) durch die insoweit
angegriffenen Entscheidungen nicht in ihrer Pressefreiheit verletzt ist.
Dagegen sind die Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Verurteilungen
der Beschwerdeführerinnen zur Unterlassung der jeweiligen
Wortberichterstattung wenden, begründet, da diese Entscheidungen die
Presseverlage in ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzen. Die
entsprechenden Entscheidungen sind aufgehoben und die Sache jeweils an
das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen worden.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Die Verurteilung, die erneute Veröffentlichung der auf dem Titelblatt
der Zeitschrift „Neue Post“ abgebildeten Fotografie zu unterlassen,
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist es
nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte die einwilligungslose
Bildnisveröffentlichung auch nicht als Abbildung eines
zeitgeschichtlichen Ereignisses gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG für zulässig
erachtet haben. Zwar kann im Bereich der Berichterstattung über
Prominente auch die Darstellung von Umständen aus dem Alltagsleben
dieses Personenkreises geeignet sein, die Veröffentlichung eines Fotos
zu rechtfertigen, jedoch nur insoweit, als die Veröffentlichung der
Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. Dass
die Gerichte dieses Kriterium vorliegend nicht als erfüllt angesehen
haben, überschreitet den fachgerichtlichen Wertungsrahmen nicht. So ist
es angesichts des groß gedruckten Textes „Schockierende Fotos“ zu dem
Titelfoto vertretbar, den fraglichen Artikel nicht als Berichterstattung
über die AIDS-Gala als möglicherweise zeitgeschichtliches Ereignis
anzusehen, sondern als Veröffentlichung, die sich im Wesentlichen mit
dem Lebenswandel der Klägerin befasst. Der auf die Klägerin
konzentrierte Artikel erörtert auch keine sonstigen Themen von
zeitgeschichtlicher Bedeutung, wie etwa allgemeine Probleme der
Adoleszenz, die Krankheit AIDS oder den gesellschaftlichen Umgang mit
ihr. Wie die Fachgerichte zutreffend festgestellt haben, besteht an der
Person der Klägerin selbst kein mit dem Interesse an dem Leben eines
Staatsoberhauptes vergleichbares öffentliches Informationsbedürfnis, das
die Bildnisveröffentlichung rechtfertigen könnte.
2. Demgegenüber sind die Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die
Untersagung der Wortberichterstattungen richten, im zulässigen Umfang
begründet. Die beanstandeten Äußerungen fallen als Werturteile über die
Klägerin in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Diese ist freilich
nicht vorbehaltlos gewährt, sondern findet ihre Grenze unter anderem in
den allgemeinen Gesetzen. Bei Anwendung der einschlägigen Vorschriften
des Zivilrechts haben die Fachgerichte jedoch Bedeutung und Tragweite
der Meinungsfreiheit verkannt, indem sie diese im Rahmen der gebotenen
Abwägung gegenüber Persönlichkeitsbelangen der Klägerin haben
zurücktreten lassen. Anders als in dem die Bildnisveröffentlichung
betreffenden Verfahren haben die Fachgerichte in Bezug auf die
beanstandeten Wortberichterstattungen eine Beeinträchtigung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, welche der
Meinungsfreiheit entgegengesetzt werden könnte, nicht in
verfassungsrechtlich tragfähiger Weise begründet.
Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts reicht hinsichtlich der
Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Wortberichterstattung
andererseits verschieden weit. Während die Veröffentlichung eines
Personenbildnisses unabhängig davon, in welcher Weise der Betroffene
abgebildet wird, eine rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt, gilt dies für einen
personenbezogenen Wortbericht nicht in gleicher Weise. Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bietet nicht schon davor Schutz,
überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden.
Vielmehr bietet das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur in spezifischen
Hinsichten Schutz, wobei es vor allem auf den Inhalt der
Berichterstattung ankommt. Insoweit schützt das allgemeine
Persönlichkeitsrecht freilich auch vor einer Beeinträchtigung der
Privat- oder Intimsphäre sowie vor herabsetzenden, vor allem
ehrverletzenden Äußerungen. Außer unter dem Gesichtspunkt des Schutzes
am gesprochenen Wort bietet das allgemeine Persönlichkeitsrecht aber
keinen Schutz vor personenbezogenen Äußerungen unabhängig von ihrem
Inhalt.
Die beanstandeten Artikel lassen inhaltlich aber weder eine
Ehrverletzung oder eine sonstige Herabwürdigung der Klägerin erkennen,
noch haben die Fachgerichte hinreichend begründet, dass die Privatsphäre
der Klägerin durch die in den Artikeln geäußerten Wertungen betroffen
sei. Diese beruhen vielmehr auf Vorgängen aus der Sozialsphäre der
Klägerin. Die betreffenden Äußerungen kommentieren zwar die
Lebensführung der Klägerin, dies aber nur im Hinblick auf
Verhaltensweisen, die sie auf Veranstaltungen gezeigt hat, welche
erkennbar an die Öffentlichkeit gerichtet waren und in diese
ausstrahlten. Ob aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch ein Recht
darauf hergeleitet werden kann, nicht gegen seinen Willen zum Objekt
bestimmter medialer, die selbst gewählte Öffentlichkeit verbreiternder
Erörterung gemacht zu werden, ist fraglich, kann hier aber offen
bleiben. Denn auf ein solches Recht könnte sich jedenfalls derjenige
Grundrechtsträger nicht berufen, der sich in freier Entscheidung gerade
der Medienöffentlichkeit aussetzt, indem er Veranstaltungen besucht, die
erkennbar auf ein so großes Interesse von Teilen der Öffentlichkeit
stoßen, dass mit einer Berichterstattung durch die Medien gerechnet
werden muss. So verhält es sich auch in den vorliegenden Fällen. Die
Festivitäten, an denen die Klägerin teilnahm und auf die in den
beanstandeten Artikeln Bezug genommen wird, stießen wegen der illustren
Gäste auf großes mediales Interesse und waren jedenfalls teilweise
gerade auf eine Außenwirkung angelegt. Die Klägerin musste daher die
öffentliche Erörterung ihrer Teilnahme an den Feiern und ihres hierbei
an den Tag gelegten Verhaltens dulden und kann auch nicht beanspruchen,
dass dieses nicht zum Ausgangspunkt kommentierender Bemerkungen der
Presse gewählt wird, sofern diese nicht ihrerseits eines der Schutzgüter
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, insbesondere die Ehre oder des
Rechts am eigenen Bild verletzen. Denn eine umfassende
Verfügungsbefugnis über die Darstellung der eigenen Person im Sinne
einer ausschließlichen Herrschaft des Grundrechtsträgers auch über den
Umgang der Öffentlichkeit mit denjenigen Aussagen oder Verhaltensweisen,
deren er sich öffentlich entäußert hat, gewährleistet das allgemeine
Persönlichkeitsrecht nicht.
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