Am 1. August 2010 ist das durch einen Volksentscheid beschlossene neue
bayerische Gesetz zum Schutz der Gesundheit vom 23. Juli 2010 in Kraft
getreten. Es sieht ein striktes Rauchverbot für alle Gaststätten vor.
Die mit Wirkung zum 1. August 2009 geschaffenen Ausnahmeregelungen für
Bier-, Wein- und Festzelte und für getränkegeprägte kleine
Einraumgaststätten sind ebenso entfallen wie die zur gleichen Zeit
geschaffene Möglichkeit, Rauchernebenräume einzurichten.
Die Beschwerdeführerin zu 1) ist Raucherin und besucht mehrmals
wöchentlich Gaststätten. Die Beschwerdeführerin zu 2) betreibt eine
Gaststätte und erzielt einen erheblichen Teil ihres Umsatzes durch
geschlossene Gesellschaften, die in abgetrennten Räumen stattfinden. Die
Beschwerdeführerin zu 3), eine GmbH, betreibt ein „Pilslokal“ mit einer
Fläche von weniger als 75 m2 und macht geltend, sie beschäftige nur
Raucher und es würden „nur rauchende Gäste eingelassen“.
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen
geltend machen, durch die strikte Neufassung des Rauchverbots in ihrer
allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) bzw. ihrer
Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt zu sein, nicht zur
Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde hat weder
grundsätzliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der
Grundrechte oder grundrechtgleichen Rechte der Beschwerdeführerinnen
angezeigt. Die strikte Neufassung des Rauchverbots verletzt weder die
Beschwerdeführerin zu 1) als Raucherin noch die Beschwerdeführerinnen zu
2) und 3) als Inhaberinnen von Gaststätten in ihren Grundrechten.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Urteil vom 30. Juli 2008
entschieden, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehindert
ist, dem Gesundheitsschutz gegenüber den damit beeinträchtigten
Freiheitsrechten, insbesondere der Berufsfreiheit der Gastwirte und der
Verhaltensfreiheit der Raucher, den Vorrang einzuräumen und ein striktes
Rauchverbot in Gaststätten zu verhängen (vgl. BVerfGE 121, 317 <357
ff.>). Entscheidet sich der Gesetzgeber wegen des hohen Rangs der zu
schützenden Rechtsgüter für ein striktes Rauchverbot in allen
Gaststätten, so darf er dieses Konzept konsequent verfolgen und muss
sich auch nicht auf Ausnahmeregelungen für reine Rauchergaststätten
einlassen, zu denen Nichtraucher keinen Zutritt erhalten. Auch eine
stärkere Belastung von Inhabern kleiner Einraumgaststätten - bis hin zur
Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz - ist angesichts der für alle
Gaststätten geltenden Regelung durch hinreichende sachliche Gründe
gerechtfertigt und zwingt daher nicht zu einer Ausnahmeregelung.
Ein striktes Rauchverbot ist auch vor dem Hintergrund, dass es in Bayern
nach Darstellung der Beschwerdeführerinnen aufgrund der bisherigen
Regelungen inzwischen eine große Zahl rauchfreier Gaststätten gibt,
nicht unverhältnismäßig. Es ist dem Gesetzgeber unbenommen, den
Nichtrauchern eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in
Gaststätten - gerade auch in der getränkegeprägten Kleingastronomie - zu
ermöglichen, ohne dass sie sich dabei dem Tabakrauch aussetzen müssen.
Ferner ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der
Landesgesetzgeber durch ein striktes Rauchverbot zugleich einen
konsequenten Schutz sämtlicher Beschäftigter in der Gastronomie anstrebt.
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