Der Beschwerdeführer ist Diplom-Ingenieur für Vermessungswesen und seit
1996 Professor für Vermessungskunde des Fachbereichs Bauingenieurwesen
der Hochschule Wismar. Im Dezember 2005 wies der Rektor der Hochschule
den Beschwerdeführer unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an, ab
dem Sommersemester 2006 im Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen
Lehrveranstaltungen auch im Grundlagenfach Darstellende Geometrie
durchzuführen. Zuvor war ein entsprechender Beschluss des
Fachbereichsrats ergangen. Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm
vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anweisung des Rektors zu gewähren,
weil die Darstellende Geometrie nicht zum Fach Vermessungskunde gehöre,
blieb vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg.
Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde, mit welcher der
Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf
Wissenschaftsfreiheit rügt, hat der Erste Senat des
Bundesverfassungsgerichts zurückgewiesen. Zwar können sich auch
Fachhochschullehrer, denen - wie dem Beschwerdeführer - die
eigenständige Vertretung eines wissenschaftlichen Fachs in Forschung und
Lehre übertragen worden ist, auf die Freiheit von Wissenschaft,
Forschung und Lehre berufen (Art. 5 Abs. 3 GG). Die Verwaltungsgerichte
haben jedoch die Grundrechtsposition des Beschwerdeführers im Rahmen des
Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes noch hinreichend
berücksichtigt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit gewährt Hochschullehrern in
seinem Kerngehalt den vorbehaltlos geschützten Freiraum, ihr Fach in
Forschung und Lehre zu vertreten. Auf dieses Recht können sich nicht nur
Universitätsprofessoren, sondern regelmäßig auch Hochschullehrer an
einer Fachhochschule berufen. Denn die wesentlichen Aufgaben und
Ausbildungsziele werden für alle Hochschularten einheitlich normiert.
Das Hochschulrahmengesetz und die Landeshochschulgesetze unterscheiden
grundsätzlich nicht mehr zwischen solchen Regelungen, die allein für
Universitäten Geltung beanspruchen, und solchen Regelungen, die für
andere Hochschularten gelten. Die Landeshochschulgesetze gestatten den
Fachhochschulen nicht lediglich zu forschen, Forschung wird ihnen
vielmehr als Aufgabe, teilweise sogar ohne funktionale Bindung an ihren
Ausbildungsauftrag, ausdrücklich zugewiesen. Andererseits stellt sich
die Ausbildung als zentrale Aufgabe auch der Universitäten dar, ohne
dass dadurch der Wissenschaftscharakter der Lehre an Universitäten in
Frage gestellt würde. Wie bei Universitäten kann es auch Aufgabe einer
Fachhochschule und der in ihr tätigen Professoren sein, ihren
Studierenden im Rahmen der Ausbildungsaufgaben wissenschaftliche
Erkenntnisse und wissenschaftliche Methoden zu vermitteln. Sowohl an
Universitäten wie an Fachhochschulen sind Unterrichtstätigkeiten, die
eine bloße Wissensvermittlung darstellen, und die Weitergabe eigener und
fremder Forschungsergebnisse zumeist untrennbar miteinander verknüpft.
Anweisungen hinsichtlich der Lehre gegenüber einem als selbständigen
Wissenschaftler bestellten Hochschullehrer berühren dessen Recht, sein
Fach in Forschung und Lehre zu vertreten, und damit seine in Art. 5 Abs.
3 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit. Da die Lehre zu den dienstlichen
Pflichten der Hochschulprofessoren gehört, sind jedoch Entscheidungen
der zuständigen Hochschulorgane über die inhaltliche, zeitliche und
örtliche Koordination der von der Hochschule anzubietenden Lehre und
über die Verteilung und Übernahme von Lehrverpflichtungen grundsätzlich
zulässig. Andererseits würde eine unbeschränkte Möglichkeit für die
Hochschulorgane, dem Hochschullehrer fachfremden Unterricht
abzuverlangen, dessen durch die Lehre des eigenen Faches bestimmter
Lehrfreiheit nicht mehr gerecht.
Die im vorliegenden Fall streitige Frage, ob die Grenzen der Zuweisung
fachfremder Lehre tatsächlich überschritten sind, ist durch die
Verwaltungsgerichte im Hauptsacheverfahren zu klären. Im Rahmen des
Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes haben die
Verwaltungsgerichte das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 5 Abs.
3 GG noch ausreichend berücksichtigt. Deren Annahme, dass der
Beschwerdeführer zur Übernahme der ihm übertragenen Lehrveranstaltung im
Fachbereich Darstellende Geometrie verpflichtet sei, weil diese als
Grundlagenfach der Vermessungskunde zu bewerten sei, stützt sich auf
eine hinreichende Aufklärung. Dabei ist nicht nur der Text der damaligen
Ausschreibung der Professorenstelle berücksichtigt worden, wonach die
Vermessungskunde ganzheitlich im Studiengang Bauingenieurwesen
vermittelt werden sollte; das Gericht hat auch die Auskünfte anderer
Hochschulen zur Frage, was Gegenstand vergleichbarer Studiengänge ist,
einbezogen. Im Rahmen der Folgenabwägung durfte es ferner auf das Recht
und die Pflicht des Fachbereichs abstellen, durch die Koordination der
Lehre die eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten. Außerdem konnte das
Gericht aus der erklärten Bereitschaft des Beschwerdeführers,
Vorlesungen in der Darstellenden Geometrie zu übernehmen, wenn seine
Besoldung angehoben würde, entnehmen, dass eine entsprechende Übernahme
bis zur Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls nicht unzumutbar ist.
weitere Pressemitteilungen
|