Die schwierige finanzielle Lage Griechenlands und die daraus
resultierenden Unruhen auf den Finanzmärkten führten dazu, dass sich die
Staats- und Regierungschefs der Euroländer im März 2010 grundsätzlich
bereit erklärten, Griechenland zusätzlich zu einer Finanzierung durch
den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit eigenen bilateralen Darlehen
zu unterstützen. Über die Einzelheiten und Bedingungen eines Hilfspakets
verhandelte im Anschluss die EU-Kommission unter Einbindung der
Europäischen Zentralbank (EZB) mit dem IWF und mit Griechenland. Eine
Unterstützung für Griechenland sollte erst dann erfolgen, wenn diese
tatsächlich nötig sein sollte. Die am Hilfspaket beteiligten Staaten
sollten dann über die Auszahlungen entscheiden. Am 23. April 2010
beantragte Griechenland Finanzhilfen der Staaten der Euro-Gruppe und des
IWF. Die Staaten der Euro-Gruppe beschlossen am 2. Mai 2010, im
Zusammenhang mit einem dreijährigen Programm des IWF mit einem
geschätzten Gesamtfinanzierungsbedarf in Höhe von 110 Milliarden Euro
bis zu 80 Milliarden Euro als Finanzhilfe an Griechenland in Form von
koordinierten bilateralen Krediten bereitzustellen, davon bis zu 30
Milliarden Euro im ersten Jahr. Die Finanzhilfe der Euro-Gruppe soll im
Rahmen einer strengen Konditionalität zur Verfügung gestellt werden, die
vom IWF und der EU-Kommission unter Einbindung der EZB mit Griechenland
ausgehandelt wurde. Um die erforderlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene
zu treffen, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 7. Mai 2010 ein
Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen zum Erhalt der für die
Finanzstabilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungsfähigkeit
der Hellenischen Republik. Dieses Gesetz ermächtigt die Bundesregierung,
Gewährleistungen zur Absicherung von Krediten bis zu einer Höhe von
insgesamt 22,4 Milliarden Euro für Kredite an die Hellenische Republik
zu übernehmen. Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der
auf Deutschland entfallende Anteil an den Hilfsmaßnahmen soll von der
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgereicht werden.
Die Beschwerdeführer haben am 7. Mai eine Verfassungsbeschwerde
verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
erhoben. Sie beantragen im Wesentlichen, der Bundesrepublik Deutschland
zu untersagen, zur Stabilisierung des Europäischen Währungsraums
Finanzhilfen an die Hellenische Republik zu gewähren.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat dem Antrag der
Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht
entsprochen. Bei der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
gebotenen Folgenabwägung legt das Bundesverfassungsgericht einen
strengen Maßstab an. Die insoweit erforderliche Abwägung ergab, dass der
Allgemeinheit schwerere Nachteile drohen würden, wenn die einstweilige
Anordnung ergehen würde und sich die Übernahme der Gewährleistungen
später als verfassungsrechtlich zulässig erweisen würde. Die
Bundesrepublik Deutschland müsste in diesem Fall ihre Mithilfe an den
Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Hellenischen Republik
gerade dann abbrechen, wenn sie gefordert ist. Dies würde nicht nur
durch bisheriges Verhalten genährte Erwartungen der Partner im
Euro-Währungsgebiet enttäuschen. Die Unaufschiebbarkeit der Maßnahme und
das Volumen des dann fehlenden Hilfsanteils würde vor allem die
Realisierbarkeit des Rettungspaketes insgesamt in Frage stellen.
Damit entstünden nach Auffassung der Bundesregierung der Allgemeinheit
voraussichtlich schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile. Sollte das mit
dem Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz verfolgte Ziel verfehlt
werden, mithin eine unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit
Griechenlands nicht abgewendet werden können, wäre nach Auffassung der
Bundesregierung die Stabilität der gesamten Europäischen Währungsunion
gefährdet. Das Bundesverfassungsgericht hat keine hinreichenden
Anhaltspunkte, die zu der Annahme zwingen, dass die währungs- und
finanzpolitische Einschätzung der Bundesregierung fehlerhaft ist. Unter
den Verfassungsorganen ist vor allem die Bundesregierung dazu berufen,
derartige Einschätzungen vorzunehmen, die das Bundesverfassungsgericht
nur eingeschränkt kontrollieren kann.
Demgegenüber wiegen die Nachteile weniger schwer, die entstehen, wenn
die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, die vereinbarte
Mitwirkung an den Finanzhilfen sich später aber als unzulässig erweist.
Ein wesentlicher Schaden erwächst dem Gemeinwohl nicht aus der
Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Bundes im Eintrittsfall, deren
Wahrscheinlichkeit die Bundesregierung für gering hält. Das potentielle
Haftungsrisiko wird nach Einschätzung der Bundesregierung aufgewogen
durch eine Verringerung der aktuellen Risiken für den Bundeshaushalt,
die sich aus der Finanzinstabilität in der Europäischen Währungsunion
ergeben könnten. Insoweit vermiedene Schäden in volkswirtschaftlicher
Größenordnung müssen wenigstens saldierend berücksichtigt werden. Die
Beschwerdeführer haben keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen,
dass demgegenüber insbesondere ihr Recht aus Art. 14 GG unmittelbar
gerade in Folge der gewährleisteten Kreditgewährung schwer und
irreversibel beeinträchtigt werden könnte.
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