Der am 1. September 2008 in Kraft getretene § 97a Abs. 2
Urheberrechtsgesetz (UrhG) beschränkt den Kostenerstattungsanspruch des
Urhebers für eine anwaltliche Abmahnung wegen der Verletzung von im
Urheberrechtsgesetz geregelten Rechten in einfach gelagerten Fällen auf
100,-- €. Vor dieser Gesetzesänderung konnten bei einer begründeten
anwaltlichen Abmahnung die vollen Gebühren, die sich am Streitwert
orientierten, vom Verletzer ersetzt verlangt werden.
Der Beschwerdeführer veräußert bei eBay und in einem eBay-Shop
gebrauchte Hifi-Geräte. Die dabei verwendeten Produktfotos stellt er mit
erheblichem Aufwand selbst her. Weil diese Fotos von anderen
eBay-Mitgliedern kopiert und im Rahmen eigener Auktionen verwendet
wurden, beauftragte er einen Anwalt mit Abmahnungen. Die Abmahnungen
waren teilweise außergerichtlich erfolgreich, teilweise musste der
Beschwerdeführer seinen Unterlassungs und Schadensersatzanspruch (§ 97
UrhG) gerichtlich durchsetzen. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der
Beschwerdeführer eine von § 97a Abs. 2 UrhG ausgehende Verletzung seines
Grundrechts am geistigen Eigentum und eine unzulässige Rückwirkung, weil
er nicht mehr die vollen Anwaltskosten für die Abmahnung vom Gegner
erstattet erhält. Die Ansprüche von Urhebern bei Verletzung ihrer Rechte
würden dadurch praktisch wertlos.
Die 3. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur
Entscheidung angenommen. Sie ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer
nicht geltend machen konnte, unmittelbar durch die angegriffene
Vorschrift beeinträchtigt zu sein. Er nennt nicht einen konkreten Fall,
in dem er unter Geltung des neuen § 97a Abs. 2 UrhG nicht die vollen,
von ihm aufgewendeten Anwaltsgebühren erstattet erhalten hat, und er
beziffert auch nicht den ihm entstandenen oder voraussichtlich künftig
entstehenden Schaden.
Vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts muss ein
Beschwerdeführer außerdem grundsätzlich die Fachgerichte mit seinem
Anliegen befassen. Die fachgerichtliche Entscheidung verschiedener,
durch die Neuregelung aufgeworfener Zweifelsfragen ist geeignet, die
verfassungsrechtliche Bewertung der Norm zu beeinflussen. Dabei macht
der Beschwerdeführer nicht geltend, dass schon das vom Gesetzgeber
verfolgte Ziel illegitim wäre, nämlich zu verhindern, dass die Verletzer
von Urheberrechten in Bagatellfällen überzogene Anwaltshonorare bezahlen
müssen. Dem Gesetzgeber muss Zeit gegeben werden, das mit der
Neuregelung verfolgte Konzept auf seine Tauglichkeit und Angemessenheit
hin zu beobachten. Dabei befinden sich auch die Honorarpraxis der
Rechtsanwälte und mögliche, an der Neuregelung ausgerichtete
Honorarmodelle noch in der Entwicklung.
Auch im Hinblick auf die gerügte „Rückwirkung“ der Norm ist derzeit eine
Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht geboten. Denn in
„Altfällen“ (Abmahnvorgänge, die vor Inkrafttreten des neuen § 97a UrhG
in Gang gesetzt, jedoch mangels Zahlung der Anwaltskosten durch den
Verletzer nicht abgeschlossen wurden) dürfte eine Auslegung des § 97a
Abs. 2 UrhG möglich sein, welche die Urheber nicht ihres einmal
entstandenen und somit als grundrechtliches Eigentum geschützten
Aufwendungserstattungsanspruchs weitgehend beraubt.
weitere Pressemitteilungen
|