Das Land Brandenburg verkaufte im Jahre 2003 einen über 300 Hektar großen Forst, der im
Bezirk des Landgerichts Neuruppin liegt. An diesen Forst grenzt ein Grundstück an, das mit
einem Wohnhaus bebaut ist, an das in den Jahren 1972 bis 2001 in drei Bauabschnitten
vom Kellergeschoss ausgehend bis zum Dachgeschoss angebaut worden war. Die Käufer
des Forstes ließen im Jahre 2006 eine Vermessung eines zum Forst gehörenden neben
dem Wohngrundstück liegenden drei Meter breiten Flurstücks vornehmen. Dabei stellte sich
heraus, dass eine Ecke des Anbaus in einem Umfang von ca. 12 cm² in ihr Grundstück hineinragt.
Die Erwerber des Forstes erhoben gegen den Eigentümer des Wohngrundstücks Klage auf
Beseitigung des Überbaus sowie von Überwuchs. Das Landgericht Neuruppin hat der Klage
mit Urteil vom 12.6.2009 stattgegeben und den Eigentümer des Wohngrundstücks verurteilt,
einen Teil des Gebäudes mit einer Größe von 0,11875 m² sowie den Überwuchs entlang der
Grundstücksgrenzen zu beseitigen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Eigentümers des Wohngrundstücks
die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat der zuständige 5. Zivilsenat ausgeführt, zwar sei das Eigentum an dem
Forst durch den Überbau beeinträchtigt. Die 1972, 1985 und 2001 erfolgten Überbauten
müssten auch grundsätzlich nicht geduldet werden, weil die Grenze grob fahrlässig überbaut
worden sei. Soweit es die Anbauten aus den Jahren 1972 und 1985 angehe, könne jedoch
wegen des erheblichen Zeitablaufs kein Abriss verlangt werden.
Wegen der Aufstockung des Gebäudes im Dachbereich im Jahre 2001, die mit Dämmarbeiten
verbunden waren, bestehe ausnahmsweise deshalb kein Anspruch auf Abriss des Überbaus,
weil der mit dem Abriss verbundene Aufwand in einem groben Missverhältnis zu dem
dadurch zu gewinnenden Vorteil der Forsteigentümer stehen würde. Zu berücksichtigen sei,
dass der Überbau nur eine Fläche von 12 cm² des über 300 Hektar großen Forstes beanspruche
und das Flurstück, in das er hineinrage, nicht getrennt von dem Forst wirtschaftlich
nutzbar sei. Der Überbau beeinträchtige das Eigentum an dem Forst nicht. Dass die Forsteigentümer
das vermessene, drei Meter breite Flurstück als Holzabfuhrweg nutzen wollten,
könne ihnen nicht geglaubt werden, weil unmittelbar neben diesem Flurstück hierfür ein sieben
Meter breiter Weg zur Verfügung stehe und zum Holztransport geeignete Fahrzeuge
selbst schon eine Breite von drei Metern aufwiesen.
Die Beseitigung des Überbaus würde im übrigen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern,
so dass auch aus diesem Grund der Beseitigungsanspruch nicht durchgesetzt werden
könne. Den reinen Beseitigungskosten von rund 2.000 € stehe der finanzielle Wert der überbauten
Grundstücksfläche im Cent-Bereich gegenüber.
Der Anspruch der Forsteigentümer auf Beseitigung überhängender Zweige sei verjährt.
Brandenburg, den 27. Oktober 2010 (Urteil vom 21.10.2010 - 5 U 103/09)
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