Ein Mann und eine Frau heirateten am 21.10.2008. Die Trauung fand wegen der Erkrankung
des Ehemannes nicht im Standesamt, sondern im Pflegeheim statt. Der
Mann leidet u. a. unter dem sog. Korsakow-Syndrom, bei dem sich der Patient nichts
merken kann. Er stand deswegen in medizinischer Behandlung.
Das brandenburgische Innenministerium erhob als zuständige Verwaltungsbehörde
wegen der Erkrankung des Ehemannes beim Amtsgericht Klage auf Aufhebung der
Ehe. Dieser Klage hat das Amtsgericht stattgegeben und die Ehe aufgehoben. Dagegen
hat die Ehefrau Berufung eingelegt.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Der 4. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts hat die Eheaufhebungsklage mit Urteil vom 7.7.2010 abgewiesen.
Damit besteht die Ehe weiter.
Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, das Grundgesetz garantiere die Freiheit
zur Eheschließung. Eine einmal geschlossene Ehe könne deshalb nur aufgehoben
werden, wenn bei einem Ehegatte am Tag der Eheschließung die Einsicht in die
Bedeutung der Eheschließung und die Freiheit des Willensentschlusses zur Eingehung
der Ehe beeinträchtigt war. Im zu entscheidenden Fall habe die Krankheit des
Ehemannes weder seine Einsichtsfähigkeit noch die Freiheit seiner Willensentscheidung
in Bezug auf die Eheschließung beeinträchtigt.
Bei seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht die Aussagen der den Ehemann
behandelnden Ärzte und der Standesbeamtin berücksichtigt. Die Ärzte hätten erklärt,
die Gedächtnisleistung des Ehemannes sei nicht vollständig aufgehoben gewesen.
Durch die Neueinstellung der Medikamente im Jahr vor der Eheschließung habe sich
sein Zustand deutlich verbessert. Der Ehemann habe sie immer erkannt und ihnen
auch bestätigt, dass er heiraten wolle. Die Standesbeamtin, die die Eheleute getraut
habe, habe einen früheren Eheschließungstermin abgelehnt, weil der Ehemann starke
Schmerzmittel nehmen musste und deshalb die Gefahr bestand, dass er aufgrund
des Einflusses der Medikamente die Tragweite einer Eheschließung nicht erfassen
könnte. Die Standesbeamtin habe sich dann jedoch vor der schließlich stattgefundenen
Eheschließung die Atteste der behandelnden Ärzte vorlegen lassen und
den Ehemann vor der Trauung dazu befragt, ob er wisse, weshalb sie hier sei. Hierauf
habe er derart reagiert, dass sie keine Zweifel gehabt habe, dass er die für die
Eheschließung notwendige Geschäftsfähigkeit besitze.
Brandenburg, den 7. September 2010
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