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Pressemitteilung Nr. 71/2009 vom 29. Oktober 2009


„Vergeltungsangriff“ gegen einen Beamten

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Beamter, der außerhalb des Dienstes, aber im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten angegriffen wird (so genannter "Vergeltungsangriff"), ein Unfallruhegehalt beanspruchen kann.

Der Kläger war Lehrer an einer Staatlichen Wirtschaftsschule. Ein von ihm unterrichteter Schüler war 1996 von der Schule verwiesen worden und hatte angekündigt, sich an dem Kläger und dem Schulleiter zu rächen. Im Februar 2002 drang der Schüler schwer bewaffnet in die Schule ein, tötete den Schulleiter und begab sich auf die Suche nach dem Kläger, um auch ihn zu erschießen. Der Kläger hielt sich wegen einer Erkrankung jedoch nicht in der Schule auf. Der Schüler zündete mehrere Sprengsätze und tötete sich anschließend selbst. Der Kläger hatte sich unmittelbar nach Tatbeginn auf Anraten der Polizei in deren Schutz begeben und fuhr erst nach dem Tod des Täters aus eigenem Entschluss in die Schule. Dort wurde er mit den Folgen der Tat konfrontiert. Danach wurde bei ihm eine psychische Erkrankung diagnostiziert, die zu seiner dauernden Dienstunfähigkeit und zu seiner Versetzung in den Ruhestand führte.

Das Verwaltungsgericht hatte der Klage des Lehrers, den Vorfall als Dienstunfall anzuerkennen, stattgegeben. Dieses Urteil war vom Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung aufgehoben worden, es habe kein Angriff gegen den Kläger vorgelegen, weil er sich zum Zeitpunkt der Gewalttat nicht in der Schule befunden habe und weil der Täter ihn habe physisch verletzen, nicht aber psychisch schädigen wollen. Dieser Rechtsauffassung ist das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten:

Auch psychische Schäden können als Folge eines Vergeltungsangriffs (§ 31 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG) anerkannt werden. Ein solcher Angriff liegt vor, wenn ein Beamter wegen seiner Eigenschaft als Beamter oder im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten gezielt angegriffen wird und dadurch objektiv in die Gefahr gerät, einen Körperschaden zu erleiden. Allerdings muss zwischen dem Angriff und dem eingetretenen Schaden ein qualifizierter Zurechnungszusammenhang bestehen. Dieser kann fehlen, wenn der eingetretene Schaden wesentlich auf andere Umstände als den Angriff zurückzuführen ist, etwa auf eine bestimmte Veranlagung des Opfers oder sein eigenes Verhalten im Umfeld der Tat. Da der Verwaltungsgerichtshof hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, wurde die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an ihn zurückverwiesen.

BVerwG 2 C 134.07 - Urteil vom 29. Oktober 2009


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