Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine ivorischen Staatsangehörige,
zog 1999 nach der Heirat mit einem deutschen Staatsangehörigen nach
Deutschland. In der Folge trennte sie sich von ihrem Ehegatten. Im Jahr
2002 zog der 1988 in Côte d' Ivoire geborene Sohn zur Klägerin. Im
November 2002 wurde die Klägerin ausgewiesen. Ihr wurde eine Duldung
erteilt, die zunächst bis September 2003 verlängert wurde. Die
zuständige Behörde lehnte den Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für
ihren Sohn ab. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage. Das
Finanzgericht Köln hat in diesem Verfahren betreffend den
Bewilligungszeitraum ab Januar 2005 dem Bundesverfassungsgericht die
Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob es mit dem Gleichheitssatz (Art. 3
Abs. 1 GG) vereinbar ist, dass vollziehbar ausreisepflichtige, seit
längerer Zeit geduldete Ausländer nach § 62 Abs. 2 EStG von der
Kindergeldgewährung ausgeschlossen sind. Auch eine Duldung könne eine
Vorstufe zum Daueraufenthalt sein, wie der Fall der Klägerin zeige.
Die Vorgängerregelung zu § 62 Abs. 2 EStG, § 1 Abs. 3 des
Bundeskindergeldgesetzes in der Fassung des Ersten Gesetzes zur
Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG)
vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2353), wurde mit Beschluss des Ersten
Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160)
für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Die Regelung knüpfte den
Kindergeldanspruch für Ausländer an den Besitz einer
Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis, schloss aber Inhaber
von Aufenthaltsbefugnissen, einem in erster Linie aus humanitären
Gründen zu erteilenden Aufenthaltstitel, aus.
Die daraufhin mit § 62 Abs. 2 EStG (Gesetz vom 13. Dezember 2006 [BGBl.
I S. 2915]) ergangene, auch im Falle der Klägerin anwendbare Neuregelung
des Kindergeldanspruchs für Ausländer gewährt nun im Wesentlichen neben
gemeinschaftsrechtlich Freizügigkeitsberechtigten denjenigen Ausländern
einen Kindergeldanspruch, die über eine Niederlassungserlaubnis verfügen
oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die zur Erwerbstätigkeit
berechtigt. Handelt es sich dabei um eine Aufenthaltserlaubnis, die aus
humanitären Gründen erteilt worden ist (§§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5
AufenthG), muss sich der Ausländer seit mindestens drei Jahren
wenigstens geduldet in Deutschland aufgehalten haben und erwerbstätig
sein oder Leistungen nach dem Dritten Buch des SGB oder Elterngeld
beziehen, um einen Anspruch auf Kindergeld zu haben. Personen, deren
Aufenthalt im Bundesgebiet nur geduldet ist, sind vom Kindergeldanspruch
ausgeschlossen.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats entschied, dass die Vorlage des
Finanzgerichts Köln unzulässig ist, weil das Gericht im Vorlagebeschluss
die Entscheidungserheblichkeit der Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2
EStG nicht ausreichend dargelegt hat. So hat das Finanzgericht den
Aufenthaltsstatus der Klägerin für den Zeitraum ab Januar 2005 nicht
ermittelt, obwohl dieser für die Sachentscheidung über den Anspruch auf
Kindergeld nach § 62 Abs. 2 EStG entscheidend ist. Außerdem hat das
Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 62 Abs. 2
EStG nicht hinreichend dargelegt. Es hat nicht mitgeteilt, aufgrund
welcher Tatsachengrundlage es zu dem von ihm für gleichheitswidrig
angesehenen Ergebnis gelangt ist, dass dann, wenn sich der gestattete
oder geduldete Aufenthalt im Inland auf einen Zeitraum von drei oder
mehr Jahren erstreckt und Kinder „vorhanden sind“, davon auszugehen sei,
dass der Betreffende faktisch auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben
werden könne und somit die Duldung in diesen Fällen die Vorstufe zum
Daueraufenthalt darstelle.
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