Die Beschwerdeführerin beantragte, den von ihr betriebenen Flughafen L.
in die Liste der Zollflugplätze nach § 2 Abs. 2 des
Zollverwaltungsgesetzes aufzunehmen. Diesen Antrag lehnte das
Bundesministerium der Finanzen ab. Die nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht zwar
Erfolg, diese Entscheidung wurde aber auf Revision des
Bundesministeriums der Finanzen vom Bundesfinanzhof aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der
Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin, die die Verletzung ihrer
von Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit rügt, stattgegeben, die
Entscheidung des Bundesfinanzhofs aufgehoben und die Sache zur erneuten
Entscheidung an das Gericht zurückverwiesen. Der Bundesfinanzhof hat die
Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin durch
die Ablehnung der Bestimmung als Zollflugplatz bei seiner Entscheidung
völlig ausgeblendet und die erforderliche Auslegung und Anwendung der
einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen im Licht des Art. 12 Abs. 1
GG nicht vorgenommen.
Die Entscheidung über die Bestimmung eines Flughafens zum Zollflugplatz
stellt eine jedenfalls eingriffsgleiche Regelung der Berufsausübung der
Beschwerdeführerin dar, denn sie verändert die Rahmenbedingungen des
Flughafenbetriebs und weist eine berufsregelnde Tendenz auf. Die
Qualifikation eines Flughafens als Zollflugplatz führt nicht allein zu
günstigen tatsächlichen Rahmenbedingungen für den Betreiber, sondern hat
darüber hinaus Art und Umfang des rechtlich zulässigen Flughafenbetriebs
zum GegenŽstand. Sie ist rechtliche Voraussetzung dafür, dass
außereuropäischer Frachtverkehr regelmäßig auf dem jeweiligen Flughafen
abgewickelt werden kann. Die Zulassung als Zollflugplatz eröffnet dem
begünstigten Flughafenbetreiber mithin erweiterte rechtliche
Handlungsmöglichkeiten.
Die von der Verfassungsbeschwerde in diesem Zusammenhang aufgeworfene
Frage, ob die normativen Grundlagen im Zollverwaltungsgesetz und in der
Zollverordnung den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, die das
Grundgesetz an eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit stellt,
wurde bisher vom Bundesfinanzhof noch nicht geklärt. Ob die
einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch unter dem
Gesichtspunkt der erforderlichen Normenbestimmtheit, mit Art. 12 Abs. 1
GG vereinbar sind, hängt zunächst von ihrer einfachrechtlichen - wenn
auch von dem Grundrecht der Berufsfreiheit geleiteten - Interpretation
ab, die in der bisherigen Entscheidung noch nicht geleistet wurde.
Grundsätzlich bedürfen Eingriffe in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs.
1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Regelung. Allerdings können
Beschränkungen der Berufsfreiheit auch durch richterliche Auslegung
eines bestehenden Gesetzes hinreichende Konturen erhalten. Selbst das
Fehlen einer ausdrücklichen und bestimmten normativen Regelung bedeutet
noch nicht, dass eine die Berufsausübung einschränkende
Gerichtsentscheidung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG
widersprechen müsste. Auch aus einer Gesamtregelung kann sich unter
Berücksichtigung ihrer Auslegung in Rechtsprechung und Schrifttum eine
hinreichend erkennbare und bestimmte, den Anforderungen des
Gesetzesvorbehalts genügende Regelung der Berufsausübung ergeben. Anhand
dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben wird der Bundesfinanzhof das
Begehren der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der genannten
Maßstäbe erneut zu prüfen haben.
Da sich gegenwärtig nicht feststellen lässt, dass eine tragfähige
normative Grundlage für die vom Bundesministerium der Finanzen
getroffene Entscheidung nicht existiert und eine für die
Beschwerdeführerin günstige Entscheidung zumindest nicht ausgeschlossen
ist, war die Sache an den Bundesfinanzhof zurückzuverweisen. Bei einer
erneuten Entscheidung wird dieser auch zu berücksichtigen haben, dass
die Maßnahme lediglich mittelbar in die Berufsausübung des
Flugplatzbetreibers eingreift und so dem Gesetzgeber - auch im Hinblick
auf die erforderliche Dichte des gesetzlichen Regelungsprogramms - bei
der Ausgestaltung der normativen Vorgaben ein erheblicher Spielraum
zukommt. Hierbei ist es ihm auch nicht verwehrt, strukturpolitische
Folgen etwa für die Raumordnung mit in den Blick zu nehmen. Hinsichtlich
der spezifischen Belange der Beschwerdeführerin wird in den Blick zu
nehmen sein, dass ein nachhaltiger konkreter Bedarf für die Abwicklung
von Frachtverkehr mit Drittländern bisher noch nicht zu Tage getreten
ist, sich angesichts der rechtlichen Einschränkungen aber auch nicht
ohne weiteres entfalten konnte.
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