Der Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger. Anlässlich eines
beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellten Asylantrags
stellte dieses fest, dass der Antragsteller bereits in Griechenland um
Asyl nachgesucht hatte. Es entschied, dass der Asylantrag unzulässig
sei, und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Griechenland
an, das in Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.
Februar 2003, der so genannten Dublin II Verordnung, zur Rückübernahme
des Antragstellers verpflichtet sei. Das Oberverwaltungsgericht für das
Land Nordrhein-Westfalen lehnte einen gegen die Abschiebung gerichteten
Eilantrag ab, weil das Asylverfahrensgesetz es ausschließe,
Abschiebungen in einen nach der Dublin II Verordnung für die Behandlung
eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat der Europäischen Union im
vorläufigen Rechtsschutz auszusetzen. Die vom Bundesverfassungsgericht
in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 (BVerfGE 94, 49) zum Asylkompromiss
(Art. 16a Abs. 2 GG) entwickelten Ausnahmen von diesem Verbot lägen
nicht vor. Gegen diesen Beschluss richtet sich die
Verfassungsbeschwerde. Gleichzeitig begehrt der Antragsteller die
Aussetzung seiner Abschiebung durch das Bundesverfassungsgericht.
Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
einstweilige Anordnung erlassen und die Abschiebung des Antragstellers
vorläufig ausgesetzt. Die Verfassungsbeschwerde sei weder offensichtlich
unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Sie gebe Anlass zur
Untersuchung, ob die im genannten Urteil zu Art. 16a Abs. 2 GG
entwickelten Vorgaben zu den verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmen
vom Ausschluss des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Abschiebung von
Asylantragstellern in für die Behandlung des Asylbegehrens zuständige
Drittstaaten zu präzisieren sind, und zur Klärung, ob
Fallkonstellationen denkbar sind, in denen die Abschiebung eines
Asylantragstellers in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union im
vorläufigen Rechtsschutz ausgesetzt werden darf, wie dies
europarechtlich nach der Dublin II Verordnung möglich ist. Dabei kann
auch die Frage erheblich werden, welche Auswirkungen der
europarechtliche Grundsatz der Solidarität, der im Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts auch für eine gemeinsame Asylpolitik
Geltung beansprucht, bei einer erheblichen Überlastung des Asylsystems
eines Mitgliedstaates auf die Rechte des einzelnen Asylantragstellers
und auf die Auslegung des Grundgesetzes hat.
Für den Erlass der einstweiligen Anordnung war ausschlaggebend, dass der
Antragsteller - gestützt auf ernst zu nehmende Quellen - befürchtet, ihm
könne eine ordnungsgemäße Registrierung in Griechenland derzeit
unmöglich sein, und er damit dann, wenn die einstweilige Anordnung nicht
erginge, für das Verfahren in der Hauptsache nicht mehr erreichbar wäre,
so dass ihm ein Erfolg dort nicht mehr weiterhelfen könnte. Eine Aussage
zur Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts
oder zur geplanten Abschiebung enthält der Beschluss nicht.
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