Das Landratsamt Wunsiedel hat die für den 22. August 2009 vom
Antragsteller mit Vorratsanmeldung aus dem Jahre 2001 angemeldete
Versammlung mit dem Thema „Gedenken an Rudolf Heß“ einschließlich jeder
Form von Ersatzveranstaltung sowohl unter freiem Himmel als auch in
geschlossenen Räumen im Bereich des Stadtgebietes Wunsiedel verboten.
Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der dagegen
erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth abgelehnt. Die
hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers blieb vor dem
Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfolglos.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnt den
Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
aufgrund der Folgenabwägung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ab. Die Kammer
verweist darauf, dass die dem Versammlungsverbot zugrunde liegende, im
Jahre 2005 geschaffene Norm des § 130 Abs. 4 StGB eine Reihe schwieriger
Rechtsfragen aufwirft, die – nun da inzwischen eine Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts zu dem Verbot der Gedenkkundgebung im Jahre
2005 vorliegt (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2008 - 6 C 21.07 ) – nur in
einem verfassungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren und nicht im
vorliegenden Eilverfahren geklärt werden können. Gegen dieses Urteil hat
der Antragsteller Verfassungsbeschwerde eingelegt (1 BvR 2150/08); über
diese wird in Kürze eine Entscheidung ergehen.
Bereits in den vergangenen Jahren hat die Kammer entsprechende Anträge
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aufgrund der Folgenabwägung
insbesondere unter Verweis auf die in den Gesetzesmaterialien zum
Ausdruck gebrachte Einschätzung des Gesetzgebers zu § 130 Abs. 4 StGB
abgelehnt (BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 16. August
2005 - 1 BvQ 25/05 -; Beschluss vom 14. August 2006 - 1 BvQ 25/06 -;
Beschluss vom 13. August 2007 - 1 BvR 2075/07 -; Beschluss vom 13.
August 2008 - 1 BvR 2102/08 -). In diesen Verfahren hat die Kammer
regelmäßig berücksichtigt, dass der Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz sich auf eine in jährlichen Abständen immer wieder am
Todestag von Rudolf Heß geplante Veranstaltung bezieht. Der vom
Antragsteller in Kauf zu nehmende Nachteil sei daher geringer, als bei
einer Demonstration aus einem besonderen aktuellen und insofern
unwiederbringlichen Anlass. Denn der Antragsteller könnte im Falle eines
Erfolgs seiner Verfassungsbeschwerde zukünftig wieder
Gedenkveranstaltungen planen und gegebenenfalls unter Beachtung des
Versammlungsgesetzes durchführen.
Zu berücksichtigen ist zwar, dass sich dieser Gesichtspunkt im Laufe der
Zeit immer mehr verbraucht und der Nachteil des Antragstellers durch die
Nichtdurchführung der Veranstaltung bei mehrmaliger Versagung einer
einstweiligen Anordnung zunehmend an Gewicht gewinnt. Gewiss ist die
mittlerweile fünfte Untersagung der Veranstaltung in Folge auch von ganz
erheblichem Gewicht. Dennoch erreicht der Nachteil vorliegend noch nicht
ein solches Gewicht, dass er die Beeinträchtigungen überwiegt, die
entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, die
Verfassungsbeschwerde aber keinen Erfolg hätte. In diesem Fall würde
eine solche Versammlung gegen § 130 Abs. 4 StGB verstoßen, durch den der
Gesetzgeber die Strafwürdigkeit der vom Antragsteller konkret geplanten
Gedenkkundgebung zum Ausdruck bringen wollte. Angesichts des Gewichts
dieses Nachteils ist dem Antragsteller zuzumuten, mit Rücksicht auf die
nun unmittelbar bevorstehende endgültige Klärung der aufgeworfenen
Rechtsfragen durch das Bundesverfassungsgericht nochmals aufgrund einer
bloßen Folgenabwägung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG auf die Durchführung der
von ihm geplanten Versammlung zu verzichten.
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