Der Beschwerdeführer ist ein ehemaliger Profi-Fußballspieler. Er wurde
im Jahr 2008 wegen schwerer Vergewaltigung in einem minder schweren Fall
zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist mittlerweile
rechtskräftig. Über dieses Strafverfahren und die zu Grunde liegende Tat
berichtete eine Telemediendiensteanbieterin anlässlich des Geständnisses
des Beschwerdeführers auf ihrem Internetportal. Der Beschwerdeführer
beantragte daraufhin beim Landgericht den Erlass einer einstweiligen
Verfügung mit dem Ziel, der Telemediendiensteanbieterin einstweilen zu
untersagen, über das Strafverfahren und über dessen Abschluss in
individualisierender und bebildeter Weise unter Mitteilung verschiedener
persönlicher Details aus dem Sexualleben des Beschwerdeführers zu
berichten. Das Landgericht erließ die beantragte Verfügung und
untersagte der Telemediendiensteanbieterin außerdem, über die Höhe der
Freiheitsstrafe ohne Hinweis auf die insoweit (seinerzeit noch) fehlende
Rechtskraft zu berichten. Auf die Berufung der
Telemediendiensteanbieterin hob das Oberlandesgericht das Urteil des
Landgerichts teilweise auf, soweit die individualisierende
Wortberichterstattung über die Tat und das Strafverfahren sowie die
Berichterstattung über das Sexualleben untersagt worden waren und wies
im übrigen die Berufung zurück. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt
der Beschwerdeführer, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts in
den unantastbaren innersten Kern der Menschenwürde eingreife, indem sie
eine Berichterstattung gestatte, mit der die Veröffentlichung intimer
Umstände einhergehe.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer die Verletzung
seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Berichterstattung
gerügt hat, nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde
ist jedenfalls unbegründet. Zwar greift die Berichterstattung über eine
Straftat und deren Umstände zwangsläufig in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG) ein. Die Freiheit, die eigenen Ausdrucksformen der
Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem staatlichen Zugriff
entzogenen Freiraum zu erleben, gehört sogar zum absolut geschützten
Kernbereich des Grundrechts. Das gilt aber nicht uneingeschränkt für den
Bereich der Sexualität. Bei Sexualstraftaten sind gewalttätige
Übergriffe in die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche
Unversehrtheit des Opfers tatbestimmend. Daher liegt die Annahme fern,
dass die Umstände der Begehung einer Sexualstraftat zur absolut
geschützten Intimsphäre des Täters zählen. Ein verurteilter Straftäter
einer Sexualstraftat muss es daher dulden, dass im Fall der
Berichterstattung über eine ihm zur Last gelegte Straftat sein
allgemeines Persönlichkeitsrecht hinter dem Interesse der Öffentlichkeit
an einer umfassenden Berichterstattung unter Umständen zurücktreten
kann. Das gilt insbesondere dann, wenn er -wie hier - wegen seiner
Prominenz in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und
die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat.
Die Berichterstattung über Entstehung, Ausführung und Verfolgung einer
Straftat unter Namensnennung, Abbildung und Darstellung des Straftäters
greift zwangsläufig in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, weil
sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den
Augen der Öffentlichkeit zwangsläufig negativ bewertet. Das allgemeine
Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) ist aber nicht
vorbehaltlos gewährleistet, sondern muss mit der ebenfalls nicht
schrankenlos gewährleisteten Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) abgewogen
werden. Diese Abwägung ist für jeden Einzelfall gesondert vorzunehmen.
Dabei sind das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an begangenen
Straftaten und die vollständige Information über die Hintergründe der
Tat und den Täter in der Regel vorrangig. Der Straftäter muss sich nicht
nur den verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss
auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der
Öffentlichkeit durch die Medien befriedigt wird. Auch dieses
Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat nicht immer den Vorrang.
Insbesondere in Fällen kleinerer Kriminalität, bei jugendlichen
Straftätern und bei nicht rechtskräftig verurteilten Tätern, bei denen
noch die Unschuldsvermutung gilt, kann das Gewicht des
Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung
überwiegen. Allerdings kann eine individualisierende
Bildberichterstattung über den Angeklagten eines Strafverfahrens dann
gerechtfertigt sein, wenn sich der Betreffende nicht bzw. nicht mehr mit
Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa
wenn er sich in eigenverantwortlicher Weise den ihm gegenüber erhobenen
Vorwürfen in der medialen Öffentlichkeit auch im Wege der
individualisierenden Berichterstattung gestellt hat. Ebenso, wenn der
betreffende Verfahrensbeteiligte kraft seines Amtes oder wegen seiner
Prominenz im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die
Medienöffentlichkeit mit Rücksicht darauf hinzunehmen hat. Hat die das
öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verurteilung die
gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit darüber
hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder
wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht mit Blick auf sein
Resozialisierungsinteresse nicht ohne Weiteres rechtfertigen. Es
vermittelt dem verurteilten Straftäter allerdings auch keinen Anspruch
darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner Tat
konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht
dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat
„allein gelassen zu werden“. Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem
Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des
Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung
unter den konkreten Umständen beeinträchtigt wird. Die genaue Grenze
einer verantwortungsvollen Berichterstattung mit Blick auf eine mögliche
Prangerwirkung lässt sich nur im Einzelfall unter Abwägung der
konkurrierenden Grundrechte bestimmen.
Gemessen an den verfassungsrechtlichen Maßstäben ist die angegriffene
Entscheidung nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht, das die von
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe
beachtet, hat insbesondere eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange vorgenommen.
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