Das Verfahren betrifft unter anderem die Frage, ob sich ein mehrheitlich
von der öffentlichen Hand beherrschtes Stromversorgungsunternehmen in
Privatrechtsform auf die materiellen Grundrechte berufen kann.
Die Beschwerdeführerin zu 1) betreibt das in ihrem Eigentum stehende
Stromversorgungsnetz auf dem Gebiet der Stadt Frankurt am Main, der
Beschwerdeführerin zu 2). In einem kartellrechtlichen Verfahren wurde
der Beschwerdeführerin zu 1) aufgegeben, mehreren Arealnetzbetreibern in
bestimmtem Umfang den Zugang zu ihrem Mittelspannungsnetz zu gewähren.
Die von der Beschwerdeführerin zu 1) eingelegten Rechtsmittel gegen
diese Entscheidung blieben ohne Erfolg. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde
begehrt die Beschwerdeführerin zu 1) die Aufhebung dieser Entscheidung.
Während des laufenden Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht
beantragte die Beschwerdeführerin zu 2) beim Bundeskartellamt ihre
Beiladung zu dem kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren gegen die
Beschwerdeführerin zu 1). Das Bundeskartellamt lehnte die Beiladung ab.
Hiergegen legte die Beschwerdeführerin zu 2) Beschwerde zum
Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat
bis zur Entscheidung über die eingelegten Verfassungsbeschwerden beider
Beschwerdeführerinnen dieses Beschwerdeverfahren ausgesetzt.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat beide
Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie
unzulässig sind. Der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1),
einer Aktiengesellschaft, die zu 75,2 % von einer Holding GmbH gehalten
wird, die ihrerseits vollständig im Besitz der Beschwerdeführerin zu 2),
ist, fehlte die erforderliche Beschwerdebefugnis, während die
Beschwerdeführerin zu 2) für die Einlegung ihrer Verfassungsbeschwerde
den Rechtsweg nicht ausgeschöpft hat.
Der Beschwerdeführerin zu 1) fehlt die Beschwerdebefugnis, weil sie von
einer vollständig im Besitz der Beschwerdeführerin zu 2), einer
Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts stehenden Gesellschaft mit
qualifizierter Mehrheit von über 75 % des Grundkapitals (vgl. § 179 Abs.
2 AktG), beherrscht wird und daher dem bestimmenden Einfluss eines
Hoheitsträgers unterliegt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage,
ob sich ein mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliches
Stromversorgungsunternehmen auf materielle Grundrechte berufen kann,
bereits ausdrücklich verneint (vgl. BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats,
Beschluss vom 16. Mai 1989 – 1 BvR 705/88 –, NJW 1990, S. 1783). Anlass,
von dieser Judikatur abzuweichen, besteht jedenfalls im vorliegenden
Fall nicht. Die Beschwerdeführerin zu 1) trägt auch keine besonderen
Umstände vor, die ihre Beherrschung durch die Beschwerdeführerin zu 2)
trotz deren qualifizierter Mehrheit vorliegend in Frage stellen könnte,
sondern sie bezieht sich zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerde auf
ein Rechtsgutachten, welches ausdrücklich von einem „faktisch
beherrschenden Einfluss“ der Beschwerdeführerin zu 2) ausgeht.
Infolgedessen trifft auch auf sie die für Eigengesellschaften der
öffentlichen Hand geltende Erwägung zu, dass ein Hoheitsträger nicht
durch die Gründung einer juristischen Person des Privatrechts die eigene
Grundrechtsbindung abstreifen und mittelbar eine eigene
Grundrechtsfähigkeit erwerben darf.
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) ist ebenfalls
unzulässig. Der Grundsatz der Subsidiarität fordert nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass ein Beschwerdeführer
über das Gebot der Rechtswegerschöpfung im engeren Sinn hinaus die ihm
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur des
geltend gemachten Verfassungsverstoßes zu erreichen oder diesen zu
verhindern. Diesem Erfordernis hat die Beschwerdeführerin zu 2) aber
nicht genügt. Denn sie hat es unterlassen, gegen den
verfahrensgegenständlichen Beschluss des Bundeskartellamts vom 8.
Oktober 2003 eine eigene Beschwerde nach § 63 Abs. 2 GWB einzulegen,
obwohl dieses Rechtsmittel nicht von vornherein aussichtslos war.
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