Neben der Absatzförderung der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft
(vgl. Pressemitteilung Nr. 10/2009 vom 3. Februar 2009) gibt es die
Absatzförderung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft nach dem
Holzabsatzfondsgesetz (HAfG) bzw., bis Ende 1998, nach dem
Forstabsatzfondsgesetz (FAfG). Der Forstabsatzfonds und anschließend
der Holzabsatzfonds hatten als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz
in Bonn die Aufgabe, den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der
deutschen Forstwirtschaft und der Holzwirtschaft durch Erschließung und
Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden
zu fördern. Zu diesem Zweck flossen dem Fonds zur Durchführung Abgaben
zu. Diese Abgaben wurden von den Betrieben der Forstwirtschaft, später
auch der Holzwirtschaft erhoben. Auf ausländische Rohholzimporte wurden
keine Abgaben erhoben. Die Gesamtaufwendungen des Holzabsatzfonds
betrugen ausweislich seines Jahresberichts im Jahr 2007 insgesamt rund
14,1 Millionen Euro. Davon wurden rund 13,5 Millionen Euro für
Marketingmaßnahmen aufgewendet.
Mit Bescheid vom 21. Juni 1996 setzte die im Ausgangsverfahren beklagte
Bundesanstalt gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 FAfG für
das zweite Halbjahr des Jahres 1995 Forstabsatzfondsabgaben in Höhe von
3.036,50 DM fest. Der Widerspruch gegen den Bescheid und die
anschließend erhobene Klage blieben erfolglos; der Antrag des
Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. Mit der
Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die Abgabe
sei eine verfassungswidrige Sonderabgabe.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschied, dass die
Regelungen des Forstabsatzfondsgesetzes und deren Nachfolgeregelungen
im Hozabsatzfondsgesetz zur Abgabenerhebung mit dem Grundgesetz
unvereinbar und nichtig sind und den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 und Art. 110
des Grundgesetzes verletzen. Bei der Abgabe handelt es sich um eine
unzulässige Sonderabgabe, da es an der Finanzierungsverantwortung der
deutschen Holz- und Forstwirtschaft dafür fehlt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl.
zuletzt Urteil des Zweiten Senats vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -,
Rz. 97 ff.- Pressemitteilung Nr. 10/2009 vom 3. Februar 2009) ergeben
sich aus den Begrenzungs- und Schutzfunktionen der bundesstaatlichen
Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) Grenzen auch für die Erhebung
nichtsteuerlicher Abgaben und insbesondere für die Erhebung von
Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion, die der Gesetzgeber in
Wahrnehmung einer ihm zustehenden Sachkompetenz außerhalb der
Finanzverfassung nach den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. GG erhebt.
Die Abgabe zum Forstabsatzfonds stellt mangels einer
Finanzierungsverantwortung der deutschen Forstwirtschaft eine
verfassungsrechtlich unzulässige Sonderabgabe dar. Wie bei der Abgabe
nach dem Absatzfondsgesetz fehlt es bei der nachträglich aus dem
Absatzfondsgesetz herausgelösten, jedoch strukturell nicht veränderten
Abgabe nach dem Forstabsatzfondsgesetz an einem hinreichenden
rechtfertigenden Zusammenhang von Gesetzeszweck, Sachnähe,
Gruppenhomogenität und Finanzierungsverantwortung. Es handelt sich
nicht um eine Sonderabgabe, die bei der Zurechnung von Sonderlasten der
Abgabepflichtigen an den Verursachungsgedanken anknüpft und ihre
Rechtfertigung in einer Verantwortlichkeit für die Folgen
gruppenspezifischer Zustände oder Verhaltensweisen finden kann.
Vielmehr geht es um eine zwangsweise durchgeführte Fördermaßnahme, zu
deren Finanzierung die Gruppe der Abgabepflichtigen nur aus Gründen
eines Nutzens herangezogen wird, den der Gesetzgeber dieser Gruppe
zugedacht hat. Die abgabepflichtigen Unternehmen verursachen keinen
Bedarf, für dessen Befriedigung sie ohne weiteres verantwortlich
gemacht werden könnten. Der Staat greift vielmehr auf der Grundlage des
Forstabsatzfondsgesetzes mit wirtschaftspolitisch begründeten
Förderungsmaßnahmen gestaltend in die Wirtschaftsordnung ein und weist
den erst dadurch entstehenden Finanzierungsbedarf den mit der
Abgabepflicht belasteten Unternehmen zu. Diese finanzielle
Inanspruchnahme für die staatliche Aufgabenwahrnehmung, die durch
hoheitliche Entscheidung an die Stelle des individuellen
unternehmerischen Handelns tritt, stellt sich aus der Sicht des
Abgabepflichtigen nicht nur als eine rechtfertigungsbedürftige, zur
Steuer hinzutretende Sonderbelastung, sondern auch als Verkürzung
seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit
dar und bedarf auch insoweit besonderer Rechtfertigung.
Abzuwehrende Nachteile im internationalen Wettbewerb sind nicht
dargelegt und auch nicht ersichtlich. Angesichts des moderaten
Außenhandelsdefizits bereits bei Inkrafttreten des
Forstabsatzfondsgesetzes im Jahre 1990 waren für die Forstwirtschaft
von Anfang an keine abzuwehrenden erheblichen Beeinträchtigungen oder
Nachteile im transnationalen Wettbewerb zu beobachten. Deshalb kann es
dahingestellt bleiben, ob die seit diesem Zeitpunkt feststellbare
positive Entwicklung auch auf die Tätigkeit des Forstabsatzfonds
zurückzuführen ist. Andere branchenspezifische Nachteile, die die
Erhebung einer Zwangsabgabe rechtfertigen könnten, sind ebenfalls nicht
ersichtlich.
Die Verfassungswidrigkeit der als Sonderabgabe gestalteten Abgabe nach
§ 10 FAfG führt zur Nichtigkeit von § 2 Abs. 1 bis Abs. 3, § 10 Abs. 1
bis Abs. 4, § 11 und § 12 FAfG sowie der entsprechenden Normen des
Holzabsatzfondsgesetzes. Einen praktisch bedeutsamen Sinn für die
Durchführung von Abwicklungsaufgaben behalten lediglich die aktuell
geltenden Vorschriften zur Errichtung des Forst- beziehungsweise des
Holzabsatzfonds als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und
über deren Organe und Finanzen, ferner die Vorschriften zur Aufsicht
durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, die Prüfungskompetenz des Bundesrechnungshofs sowie
die Regelung über die Steuerfreiheit und die Vorschrift, aufgrund deren
der Holzabsatzfonds der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Personal- und Sachkosten für die bisherige Beitragserhebung zu
erstatten hat.
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