Der Beschwerdeführer ist Aktionär einer deutschen Großbank. Einer
Pressemitteilung des Unternehmens zufolge beabsichtigt der
Finanzmarktstabilisierungsfonds, der betreffenden Bank 10 Milliarden €
Eigenkapital durch die Ausgabe und Übernahme von Stammaktien sowie im
Wege einer stillen Einlage zur Verfügung zu stellen. Gesetzliche
Grundlage der beabsichtigten Kapitalmaßnahme ist das am 17. Oktober
2008 von dem Bundesgesetzgeber verabschiedete
Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG). Mit dem durch Art. 2 FMStG
eingeführten Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG)
wird die Möglichkeit eines gesetzlich genehmigten Kapitals geschaffen.
Danach ist der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats ermächtigt,
das Grundkapital um bis zu 50 Prozent des bisherigen Kapitals durch
Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen an den
Finanzmarktstabilisierungsfonds zu erhöhen (§ 3 FMStBG) sowie den
Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe
festzulegen (§ 5 FMStBG), ohne dass es der Zustimmung der
Hauptversammlung bedarf. Ferner wird in einer konkretisierenden, am 20.
Oktober 2008 erlassenen Verordnung, der
Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung (FMStFV), dem
Finanzmarktstabilisierungsfonds unter anderem das Recht eingeräumt,
mittels einer Auflage oder sonstiger geeigneter Instrumente Einfluss
auf die Geschäftspolitik, namentlich auch die Dividendenpolitik des
Unternehmens zu nehmen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 FMStFV). Mit seiner
Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer vornehmlich gerügt, dass
die genannten Vorschriften des Gesetzes und der Verordnung mit dem
durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des Aktieneigentums
nicht vereinbar sind.
Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da diese
unzulässig ist. Der Grundsatz der Subsidiarität der
Verfassungsbeschwerde erfordert, dass der Beschwerdeführer zunächst den
hier in Betracht kommenden fachgerichtlichen Rechtsschutz sucht.
Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall noch offen ist, ob die
Kapitalerhöhung ohne vorherige Beschlussfassung der Hauptversammlung
durchgeführt wird, besteht die Möglichkeit einer zulässigen Klage zu
den Fachgerichten, in deren Rahmen es zu einer inzidenten Kontrolle der
angegriffenen Vorschriften kommen kann. Obgleich ohne einen Beschluss
der Hauptversammlung weder eine aktienrechtliche Anfechtungs- noch eine
aktienrechtliche Nichtigkeitsklage statthaft sein wird, sind andere
Klagemöglichkeiten in Erwägung zu ziehen, so dass der Beschwerdeführer
zunächst auf den fachgerichtlichen Rechtszug zu verweisen ist.
Vor der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister dürfte es
dem Aktionär möglich sein, nicht nur die Entscheidungen des Vorstands
und des Aufsichtsrats, sondern damit auch die zu Grunde liegenden
Vorschriften über ein gesetzlich genehmigtes Kapital im Wege einer
(vorbeugenden) Unterlassungsklage inzident zur Prüfung zu stellen. Nach
dem Vollzug der Handelsregisteranmeldung erscheint eine mittelbare
Kontrolle der gesetzlichen Vorschriften im Wege einer allgemeinen
zivilrechtlichen Feststellungsklage jedenfalls erwägenswert. Mit Blick
auf die Regelungen über die Bedingungen der Stabilisierungsmaßnahmen
wie etwa den Ausschluss von Dividendenausschüttungen richtet sich ein
etwaiger fachgerichtlicher Rechtsschutz unter anderem nach dem
rechtlichen Vorgehen des Finanzmarktstabilisierungsfonds im konkreten
Fall. Da der Beschwerdeführer hierzu nicht hinreichend substantiiert
vorgetragen hat, war die Verfassungsbeschwerde auch insoweit
unzulässig.
Eine Vorabentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht ist nicht
angezeigt. Es liegt zwar nahe, dass der Verfassungsbeschwerde
allgemeine Bedeutung zukommt. Bei der insofern gebotenen Gesamtabwägung
fällt aber entscheidend ins Gewicht, dass eine vorherige Klärung der
tatsächlichen und rechtlichen Fragen bei der Auslegung und Anwendung
der in Rede stehenden Normen im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG wie auch
des Rechts der Europäischen Gemeinschaften geboten erscheint.
Anhaltspunkte für eine mit einer vorherigen Anrufung der Fachgerichte
verbundene unzumutbare Belastung des Beschwerdeführers sind
demgegenüber nicht erkennbar. Es kann davon ausgegangen werden, dass
vornehmlich vermögensrechtliche Interessen des Beschwerdeführers
betroffen sind, denen hier kein herausragendes Gewicht beizumessen ist.
Überdies ist nicht ersichtlich, dass angesichts des finanziellen
Zuflusses, den die Aktiengesellschaft aufgrund der Kapitalerhöhung
erhalten und der indirekt durch den angestrebten Stabilisierungseffekt
auch ihren Aktionären zugute kommen soll, die Maßnahme für den
einzelnen Aktionär mit schwerwiegenden finanziellen Einbußen verbunden
wäre.
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