Am 18. Februar 2009 hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts
den mit einer Rechtssatzverfassungsbeschwerde verbundenen Antrag der
Betreiberin eines Bioenergieparks und der zur Errichtung des
Bioenergieparks gegründeten Projektgesellschaft abgelehnt, § 19 Abs. 1
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2009 im Wege einer einstweiligen
Anordnung einstweilen außer Kraft zu setzen. Die Beschwerdeführerinnen
hatten geltend gemacht, dass - anders als unter Geltung des EEG 2004 -
die 40 technisch selbständigen Anlagen des Bioenergieparks ab dem
Inkrafttreten des EEG 2009 am 1. Januar 2009 als eine Großanlage gälten
und sie daher pro eingespeister Kilowattstunde Strom eine geringere
Vergütung erhielten; in Folge der dadurch erheblich verringerten
Einnahmen müsste die Anlagenbetreiberin innerhalb kürzester Zeit
Insolvenz anmelden (vgl. Pressemitteilung Nr. 15/2009 vom 19. Februar
2009).
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen,
weil die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet ist. Erst in
einem Hauptsacheverfahren zu klärende Fragen wirft sie nicht auf.
§ 19 Abs. 1 EEG 2009 verstößt nicht gegen das Grundrecht der
Beschwerdeführerinnen auf Eigentum. Es kann offenbleiben, ob der
EEG-Vergütungsanspruch, der dem Anlagenbetreiber einen über den
Marktpreis hinausgehenden Erlös für Strom aus Erneuerbaren Energien
sichern soll, von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt wird. Auch wenn man davon
ausgeht, ist eine Grundrechtsverletzung nicht festzustellen. Es
erscheint bereits zweifelhaft, ob der Vergütungsanspruch unter Geltung
des EEG 2004 in der von den Beschwerdeführerinnen angenommenen Höhe
bestanden hat. Auf die hierfür maßgebliche Auslegung des § 3 Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 1 EEG 2004 kommt es im Ergebnis jedoch nicht an. Selbst
wenn man der verfassungsrechtlichen Prüfung zugrunde legt, dass die
Stromeinspeisungen des betroffenen Bioenergieparks bislang
einzelanlagenbezogen zu vergüten waren, und § 19 Abs. 1 EEG 2009
ausgehend hiervon eine nach altem Recht erworbene Rechtsposition der
Beschwerdeführerinnen verkürzt, ist die Regelung als
verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des
Eigentums nicht zu beanstanden. Zwar führt sie zu einer erheblichen
Reduzierung der mit dem Betrieb des Bioenergieparks erzielbaren
Einspeisevergütung. Diese gesetzliche Kürzung des Vergütungsanspruchs
genügt jedoch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
sowie des im Gewährleistungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG zu
berücksichtigenden Grundsatzes des Vertrauensschutzes.
§ 19 Abs. 1 EEG 2009 dient dem legitimen Ziel, eine unnötig hohe
finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich
der Stromkunden, die wegen des im EEG 2009 geregelten
Ausgleichsmechanismus die sog. Differenzkosten tragen müssen, infolge
der Aufteilung einer oder mehrerer großer Biomasseanlagen in eine
Vielzahl kleiner Anlagen zu vermeiden. Die Regelung ist zur Verfolgung
dieses Ziels auch geeignet und erforderlich sowie verhältnismäßig im
engeren Sinne. Die nachträgliche Änderung der Vergütungsvorschriften
könnte sich nur dann als unangemessen erweisen, wenn die
Beschwerdeführerinnen auf den Fortbestand des nach ihrem Verständnis in
§ 3 Abs. 2 EEG 2004 geregelten Anlagenbegriffs vertrauen durften.
Dies ist jedoch nicht der Fall. § 19 Abs. 1 EEG 2009 genügt den
Anforderungen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes. Zwar entfaltet
die Vorschrift insoweit rückwirkende Kraft, als sie auch auf vor dem 1.
Januar 2009 in Betrieb genommene Biomasseanlagen Anwendung findet.
Diese Rückwirkung ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Denn jedenfalls konnten die Beschwerdeführerinnen zu keinem Zeitpunkt
auf den Fortbestand der in § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 nach ihrer
Auffassung getroffenen Regelung vertrauen.
Bereits vor Beginn der Planungen für die Errichtung des Bioenergieparks
wurde in der Kommentarliteratur zu § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 die
Auffassung vertreten, dass es für die Frage der Zusammenfassung
mehrerer Anlagen auf den wirtschaftlichen Zusammenhang der Investition
am gewählten Standort ankomme. Zudem diente § 3 Abs. 2 EEG 2004
ausweislich der Gesetzesbegründung "auch dazu, die dem Gesetzeszweck
widersprechende Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden
Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten zu
verhindern". Auch die Bundesregierung und der Bundesrat hatten in der
Folge festgestellt, dass die bewusste Aufteilung von Biogasanlagen in
mehrere Einheiten allein zum Zwecke der Erlangung höherer Vergütungen
dem Gesetzeszweck des EEG widerspreche.
Die Beschwerdeführerinnen mussten daher jedenfalls mit einer künftigen
Änderung dieser Rechtspraxis durch den Gesetzgeber rechnen. Auch § 12
Abs. 3 Satz 1 EEG 2004, auf den sich die Beschwerdeführerinnen berufen
hatten, statuiert keinen uneingeschränkten Anspruch der
Anlagenbetreiber auf Aufrechterhaltung des vergütungsrechtlichen status
quo, der von Verfassungs wegen einer Schließung im Nachhinein erkannter
Gesetzeslücken entgegenstünde.
Das zögerliche Vorgehen des Gesetzgebers, dem die bestehenden
Rechtsunsicherheiten und die missbilligte Praxis des Anlagensplittings
jedenfalls seit August 2006 bewusst waren, mag unverständlich
erscheinen. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung spielt dies
ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob die Erstreckung der nunmehr
getroffenen Regelung auf Bestandsanlagen mit Blick auf die Zielsetzung
des § 1 Abs. 1 und 2 EEG 2009 rechts- und umweltpolitisch sinnvoll ist.
weitere Pressemitteilungen
|