Der Beschwerdeführer, im März 1940 geboren, war zunächst arbeitslos und
bezog nach Vollendung seines 60. Lebensjahres seit April 2000 eine
vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach
Altersteilzeitarbeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die für
ihn maßgebliche Altersgrenze für einen ungekürzten Rentenbezug hätte er
erst 39 Kalendermonate später erreicht, weshalb ihm die Rente für die
gesamte Dauer des Rentenbezugs um 11,7 % gekürzt wurde. Nach den bis
zum 31. Juli 1996 geltenden Altersgrenzen (also vor Inkrafttreten des
Ruhestandsförderungsgesetzes) hätte der Beschwerdeführer eine
ungekürzte Rentenleistung erhalten, nach den bis zum 31. Dezember 1996
geltenden Altersgrenzen (also vor Inkrafttreten des Wachstums- und
Beschäftigungsförderungsgesetzes) wäre die Rente lediglich um 10,8 %
vermindert worden.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte bereits mit
Beschluss vom 11. November 2008 entschieden, dass Kürzungen von
Altersrenten bei vorzeitigem Bezug verfassungsgemäß sind (1 BvL 3/05
u.a.). Die 2. Kammer des Ersten Senats hat daran anschließend die
Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, der die mehrfache
vorgezogene Anhebung der für die Berechnung der Abschläge maßgeblichen
Altersgrenzen rügt, nicht zur Entscheidung angenommen. Die
Verfassungsbeschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, da die
vorgezogene Anhebung des Renteneintrittalters für einen ungekürzten
Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach
Altersteilzeitarbeit durch das Ruhestandsförderungsgesetz und die durch
das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz beschleunigte
Anhebung verfassungsgemäß sind. Die angegriffenen gesetzlichen
Regelungen genügen insbesondere den Anforderungen an eine
verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1
Satz 2 GG.
Das Rentenversicherungsverhältnis baut auf dem Gedanken der
Verantwortung und des sozialen Ausgleichs auf; Eingriffe in
rentenrechtliche Anwartschaften müssen einem Gemeinwohlzweck dienen und
dürfen den Betroffenen nicht übermäßig belasten. Die mittelbar
angegriffenen rechtlichen Regelungen verfolgten den Zweck, den
Mehrkosten aus dem Zuwachs an Frühverrentungen bis Mitte der
1990er-Jahre für die gesetzliche Rentenversicherung entgegenzuwirken.
Die bereits mit dem Rentenreformgesetz 1992 begonnene stufenweise
Anhebung des Renteneintrittsalters für eine vorzeitige Altersrente mit
der Folge der Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist sachlich
gerechtfertigt, weil sie allein Personen belastet, welche zu einem
früheren Zeitpunkt eine Altersrente beziehen. Aus demselben Grund liegt
auch eine übermäßige Belastung der Betroffenen nicht vor; insbesondere
auch deshalb nicht, weil die Versicherten jedenfalls bis zum 31.
Dezember 2007 uneingeschränkt selbst über den Zeitpunkt ihrer
Rentenantragstellung und damit über die Höhe des Abschlags bestimmen
konnten.
Der Grundsatz des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes wurde nicht
verletzt. Im Ruhestandsförderungsgesetz wurde diesem Rechnung getragen,
denn die im Rentenreformgesetz von 1992 ursprünglich erst für 2001
vorgesehene und dann durch das Ruhestandsförderungsgesetz auf 1997
vorgezogene Anhebung der Altersgrenze wurde in Abhängigkeit von dem
Geburtsmonat des Versicherten gestuft. So war gewährleistet, dass
ältere Versicherte einen geringeren Abschlag in Kauf zu nehmen hatten
als jene, denen mehr Zeit zur Umstellung blieb. Eine andere Bewertung
ergibt sich auch nicht daraus, dass das zunächst für die
Geburtsjahrgänge ab 1941 geschaffene Übergangskonzept beseitigt wurde;
denn ein entsprechendes Vertrauen konnte für die vor dem 1. Januar 1941
Geborenen aus dem Rentenreformgesetz 1992 nicht erwachsen, da sie nicht
Regelungsthema dieses Gesetzes waren. Die neuerliche Änderung der
Rechtslage durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz
hielt die verfassungsgemäße Regelungstechnik einer stufenweisen
Anhebung der Altersgrenze je nach Alter aufrecht. Zudem verabschiedete
der Deutsche Bundestag das Wachstums- und
Beschäftigungsförderungsgesetz nur zwei Monate nach dem
Ruhestandsförderungsgesetz. Die dazwischen liegende Zeit war zu kurz,
als dass bei den betroffenen Versicherten ein Vertrauen auf die
Kontinuität der erst geschaffenen Übergangsregelung hätte entstehen und
Dispositionen zur Gestaltung ihrer Altersvorsorge und der weiteren
Lebensplanung hätten getroffen werden können.
Ferner hatten die ältesten von der Regelung betroffenen
Geburtenjahrgänge aus dem Jahr 1940 noch mindestens vier Jahre Zeit,
sich auf die geänderte Situation einzustellen.
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