Die Stadt Doberlug-Kirchhain gründete im Jahre 1992 als alleinige Gesellschafterin die
Stadtwerke Doberlug-Kirchhain GmbH. Im Gesellschaftsvertrag ist die Errichtung eines fakultativen
Aufsichtsrates vorgesehen. Die sieben Aufsichtsratsmitglieder wurden jeweils
durch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt bestellt. Im September 2002 beschloss
die Gesellschafterversammlung die Liquidation der Gesellschaft. Wenig später stellte der
Liquidator der GmbH beim Amtsgericht Cottbus einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren
wurde am 1.1.2003 eröffnet.
Im Jahre 2002 fanden noch erhebliche Zahlungsabflüsse aus dem Gesellschaftsvermögen
und Zahlungen an die Gesellschaft statt. Der Insolvenzverwalter hat im Jahre 2005 gegen
die letzten Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft Klage erhoben und Schadensersatz mit
der Begründung gefordert, die Aufsichtsratsmitglieder hätten es unterlassen, trotz Vorliegens
von Insolvenzgründen beim Geschäftsführer auf die rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrages
hinzuwirken.
Das Landgericht Cottbus hat mit am 26.6.2007 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen.
Dagegen hat der Insolvenzverwalter Berufung zum Brandenburgischen Oberlandesgericht
eingelegt. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat mit am 17.2.2009 verkündetem Urteil
das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert, fünf der beklagten Aufsichtsratsmitglieder
zur Zahlung von rund 900.000 €, zwei weitere Aufsichtsratsmitglieder zur Zahlung von geringeren
Beträgen verurteilt und rund 30 % der Klageforderung abgewiesen.
Das Oberlandesgericht ist der Auffassung des Landgerichts nicht gefolgt, dass die Satzung
der Gesellschaft die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für Pflichtverletzungen ausschließe.
Auch der Umstand, dass die Vergütung für die Aufsichtsratsmitglieder möglicherweise nicht
mehr als eine Aufwandsentschädigung darstelle, schränke ihre Haftung nicht ein. Dem möglicherweise
erheblichen Haftungsrisiko der Aufsichtsratsmitglieder werde durch eine Vorschrift
in der Kommunalverfassung Rechnung getragen. Danach seien die Gemeinden gegenüber
ihren Vertretern in Aufsichtsräten zum Ersatz verpflichtet, wenn diese aus ihrer Tätigkeit
haftbar gemacht würden. Dies sei der Sache nach eine Haftpflichtversicherung.
Die Aufsichtsratsmitglieder hätten gegen ihre Verpflichtung zur Überwachung der Geschäftsführung
verstoßen. Sie hätten Monate vor dem Insolvenzantrag davon Kenntnis erlangt,
dass die Gesellschaft zahlungsunfähig sei. Zwar könne der Aufsichtsrat dem Geschäftsführer
keine Weisungen erteilen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass der Geschäftsführer
auf einen entsprechenden Hinweis des Aufsichtsrats einen Insolvenzantrag gestellt hätte,
zumal die verzögerte Stellung eines Insolvenzantrages unter Strafe steht.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil es seit
dem Jahre 1939 kein höchstrichterliches Urteil zur Haftung eines fakultativen Aufsichtsrates
in einer GmbH bei unterlassenem Insolvenzantrag gegeben habe.
Brandenburg, den 19. März 2009 (Urteil vom 17.2.2009 – 6 U 102/07)
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