Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 87/2018
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Rechtsverordnung der Stadt Leipzig zur sonntäglichen Ladenöffnung am 1. und 3. Advent 2017 rechtmäßig und wirksam war, soweit sie den Leipziger Ortsteil Zentrum betraf.
Die
Stadt Leipzig hatte durch Verordnung eine Ladenöffnung aus besonderem
Anlass an vier Sonntagen im Jahr 2017 ermöglicht, nämlich aus Anlass der
Leipziger Markttage, des DOK-Filmfestivals und – am 3. und
17. Dezember 2017 – aus Anlass des Leipziger Weihnachtsmarktes. Die
Antragstellerin, eine Gewerkschaft, stellte dagegen einen
Normenkontrollantrag vor dem Oberverwaltungsgericht und machte geltend,
die Verordnung widerspreche dem verfassungsrechtlichen Sonntagsschutz.
Dieser lässt Sonntagsöffnungen nur ausnahmsweise zu, wenn ein
gewichtiger Sachgrund vorliegt. Bei einer Sonntagsöffnung aus besonderem
Anlass muss der Anlass selbst – und nicht die Ladenöffnung – das
öffentliche Bild des Sonntags prägen. Dazu muss der Anlass für sich
genommen mehr Besucher anziehen, als bei einer bloßen Ladenöffnung zu
erwarten wären. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nur für die beiden
Adventssonntage bejaht, und zwar nur für den Ortsteil Zentrum als Umfeld
des Weihnachtsmarktes. Im Übrigen hat es die Verordnung für unwirksam
erklärt.
Das
Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Antragstellerin, die auch
die Ladenöffnung an den beiden Adventssonntagen für rechtswidrig hielt,
zurückgewiesen. Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass das
Oberverwaltungsgericht die Öffnungsregelung teilweise aufrechterhalten
hat. Nach seinen Feststellungen ist der Leipziger Stadtrat bei Erlass
der Verordnung von der Prognose ausgegangen, im Leipziger Zentrum werde
der Weihnachtsmarkt wegen seiner außerordentlich hohen Besucherzahlen
das öffentliche Bild der beiden Adventssonntage prägen. Für diese
Prognose mussten die Besucherzahlen, die wegen des Weihnachtsmarktes
oder bei einer bloßen Ladenöffnung zu erwarten waren, nicht eigens
erhoben werden. Vielmehr durfte der Verordnungsgeber auf Zahlenmaterial
zurückgreifen, das bereits vorlag und das es erlaubte, die zu
erwartenden Besucherzahlen grob abzuschätzen. Das Oberverwaltungsgericht
musste die Prognose auch nicht schon beanstanden, weil die
entsprechenden Zahlen in der Beschlussvorlage nicht vollständig
mitgeteilt und verglichen worden waren. Zwar ergibt sich die
erforderliche Schlüssigkeit und Vertretbarkeit der Prognose in der Regel
nur aus Beratungsunterlagen, die einen Vergleich der jeweils zu
erwartenden Besucherzahlen ermöglichen. Hier war nach den Feststellungen
des Oberverwaltungsgerichts aber schon wegen der außerordentlich hohen
Zahl vom Weihnachtsmarkt angezogener Besucher aus dem In- und Ausland –
nämlich 2 Millionen, also durchschnittlich 75 000 Besucher pro Tag –
sowie wegen der großen touristischen Bedeutung des traditionsreichen
Leipziger Weihnachtsmarktes plausibel, dass dieser an den
Adventssonntagen mehr Besucher anzog, als ohne ihn wegen einer bloßen
Ladenöffnung sonntags ins Leipziger Zentrum gekommen wären.
Zu Recht
hat das Oberverwaltungsgericht die Verordnung schließlich für nur
teilweise unwirksam erklärt und die Sonntagsöffnung am 1. und 3. Advent
bezüglich des Leipziger Zentrums aufrechterhalten. Damit respektierte es
den mutmaßlichen Willen des Verordnungsgebers, der sich aus objektiven
Anhaltspunkten in der Beschlussvorlage ergab. Danach wollte der Stadtrat
insbesondere die Leipziger City stärken. Eine Beschränkung der
Öffnungsregelung auf einzelne Ortsteile lässt das Gesetz ausdrücklich
zu.
Urteil vom 12. Dezember 2018 – BVerwG 8 CN 1.17 –
Vorinstanz:
OVG Bautzen, 3 C 9/17 – Urteil vom 31. August 2017 –