Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 24/2016
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass eine Handwerksinnung nicht durch Satzung die aus dem Bereich der Arbeitgeberverbände bekannte Mitgliedschaftsform einer Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (sog. OT-Mitgliedschaft) einführen darf.
Die klagende Innung hatte eine Satzungsänderung beschlossen, nach der Mitglieder ihre Bindung an Tarifverträge der Innung durch Erklärung ausschließen können und tarifpolitische Entscheidungen ausschließlich von tarifgebundenen Mitgliedern in einem besonderen Ausschuss zu treffen sind. Die Handwerkskammer verweigerte eine Genehmigung der Satzungsänderung. Nachdem die Klage der Innung hiergegen vom Verwaltungsgericht abgewiesen wurde, verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Handwerkskammer zur Genehmigung der Satzung.
Die Revision der Handwerkskammer hatte Erfolg. Die Handwerksordnung verleiht Innungen die Befugnis, Tarifverträge abzuschließen, damit in dem durch kleine Betriebe geprägten Bereich des Handwerks für sämtliche Innungsmitglieder eine tarifliche Ordnung hergestellt werden kann. Dieser gesetzliche Zweck wäre gefährdet, wenn einzelne Mitglieder der Innung für sich eine Tarifbindung ausschließen könnten. Zudem ist nach der Handwerksordnung die Innungsversammlung, in der jedes Mitglied stimmberechtigt ist, das für alle wesentlichen Fragen und für die Erhebung und Verwendung aller finanziellen Mittel zuständige Hauptorgan. Die Handwerksordnung lässt es nicht zu, einen für tarifpolitische Entscheidungen zuständigen Ausschuss der Innungen so zu organisieren, dass OT-Mitglieder keinen Einfluss auf diese Entscheidungen erlangen.
BVerwG 10 C 23.14 – Urteil vom 23. März 2016
Vorinstanzen:
OVG Lüneburg 8 LC 23/14 – Urteil vom 25. September 2014
VG Braunschweig 1 A 58/13 – Urteil vom 19. Dezember 2013