Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 109/2017
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit heute veröffentlichten Beschlüssen vier Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Flughafen Berlin-Schönefeld nicht zur Entscheidung angenommen. In den zugrundeliegenden Verfahren hatten die Kläger vor dem Hintergrund des Abweichens der angekündigten von den ursprünglich prognostizierten Flugrouten auf verschiedene Weise versucht, die Aufhebung des durch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 im Wesentlichen rechtskräftig bestätigten Planfeststellungsbeschlusses zu erreichen. Nach diesen Beschlüssen ist die Trennung zwischen dem Verfahren der Planfeststellung über den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld und der Festlegung der Flugverfahren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die auf der Annahme von parallelen Abflugrouten für zeitversetzt durchgeführte Flüge basierende Grobplanung der Flugverfahren ausreichend gewesen sei, um die Lärmbetroffenheiten auch bei gleichzeitiger unabhängiger Durchführung bestimmter Abflüge von beiden Bahnen abzuschätzen, hat Bestand.
Sachverhalt:
Der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 sieht den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld zum Großflughafen Berlin Brandenburg mit zwei parallelen Start- und Landebahnen vor. Die Planfeststellungsbehörde legte darin dar, dass die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens sei und wies darauf hin, dass die Flugrouten in einem separaten Verfahren festgesetzt würden.
In einer von der Planfeststellungsbehörde eingerichteten Arbeitsgruppe, an der die Deutsche Flugsicherung (DFS) und die Projektplanungsgesellschaft (PPS) beteiligt waren, sollten zur Ermittlung der Auswirkungen des Flugbetriebs die erst kurz vor der Inbetriebnahme des Flugplatzes erfolgende Festlegung der An- und Abflugverfahren mit den der Flughafenplanung zugrunde zu legenden Prognosen der An- und Abflugrouten in Einklang gebracht werden. Nach deren Ergebnis sollten die Abflugrouten in beide Betriebsrichtungen zunächst mehrere Kilometer parallel in gerader Verlängerung der jeweiligen Bahnen verlaufen. Die DFS ging bei dieser Grobplanung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. Die PPS berechnete auf dieser Grundlage die Streckengeometrie für das Datenerfassungssystem (DES). Im weiteren Verlauf teilte die DFS der Arbeitsgruppe mit, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von Instrumentenflug-Abflügen (Instrument Flight Rules – IFR-Abflügen) von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz des Abflugkurses von mindestens 15° erfordere. Ebenso müssten die Abflugrouten um mindestens 30° von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Gleichwohl erstellte die PPS die Planunterlagen auf der Grundlage paralleler Abflugrouten.
Im Anhörungsverfahren wies die DFS darauf hin, dass zur Gewährleistung gleichzeitiger Abflüge von beiden Pisten generell eine Divergenz der Abflugwege von 15° erforderlich wäre. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.
Die Planfeststellungsbehörde bestimmte die Schutz- und Entschädigungsgebiete und die Gebiete, in denen die Planunterlagen ausgelegt wurden, auf der Grundlage von parallelen Abflugrouten. Sie behielt sich vor, bei geänderten An- und Abflugverfahren die festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete neu auszuweisen, wenn sich der Dauerschallpegel an der äußersten Grenze des Schutzgebietes an den Schnittpunkten mit den An- und Abflugstrecken um mehr als 2 dB(A) ändere.
Die dem Datenerfassungssystem zugrunde gelegten Flugrouten im Planfeststellungsbeschluss wurde dort von der Planfeststellungsbehörde als „durchaus plausible und auch hinreichend konkrete Grundlage“ für die Ermittlung der Auswirkungen des Ausbauvorhabens bezeichnet. Gegen den Planfeststellungsbeschluss erhobene Klagen Betroffener hatten lediglich im Hinblick auf die Regelungen zum Nachtflugverbot Erfolg.
Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer sind Eigentümer von Wohngrundstücken, die nach der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Abflugroutenprognose außerhalb der entsprechenden Schutz- und Entschädigungsgebiete lagen. Nach einer im Jahr 2010 von der DFS neu vorgestellten Flugroutenplanung mit abgeknickten Flugrouten sollen ihre Grundstücke nunmehr überflogen werden.
Im Verfahren 1 BvR 1026/13 beantragten sie bei der Planfeststellungsbehörde erfolglos die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses und erhoben gegen die Ablehnung des Antrages Klage zum Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Planfeststellungsbeschluss keinen Rechtsfehler aufweise, der zu einem Anspruch auf Rücknahme oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde führe. In den Verfahren 1 BvR 2762/12 und 1 BvR 2763/12 beantragten Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos eine Restitutionsklage mit dem Ziel, den Planfeststellungsbeschlusses selbst und ältere Urteile, die ihn bestätigt haben, aufzuheben. Im Verfahren 1 BvR 877/13 verfolgten die Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in die Klagefrist einer ursprünglich gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten, aber erfolglos gebliebenen Klage.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
- Die im Fachrecht vorgesehene Trennung von Planung des Flughafenstandorts und Festlegung der Flugverfahren verletzt die Beschwerdeführer nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht und der darin eingeschlossenen Garantie auf effektiven Rechtsschutz. Für die vom Gesetzgeber gewählte Aufteilung sprechen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Zweckmäßigkeitserwägungen, die den Besonderheiten von Flugrouten Rechnung tragen. Flugrouten sind – anders als Straßen oder Schienenwege – nicht statisch, sondern aktualisieren sich bei jedem Überflug neu, indem das Luftfahrzeug den vorgegebenen Routenpunkt mit der vorgegebenen Höhe überfliegt. Dabei bestehen größere Abweichungen, da die konkret geflogene Route von einer Vielzahl von Gegebenheiten abhängt, wie zum Beispiel der konkreten Verkehrszusammensetzung, dem Gewicht des Luftfahrzeugs und den Wetterverhältnissen. Die Flugroute ist ein dreidimensionaler Raum, der mehrere hundert Meter ober- und unterhalb sowie links und rechts der Ideallinie umfasst. Auch müssen die Flugverfahren aufgrund technischer Neuerungen und europäischer Vorgaben häufig angepasst und geändert werden. Die Flugroutenfestlegung dient zudem der geordneten, flüssigen und vor allem sicheren Abwicklung des Luftverkehrs.
Durch die Verfahrensteilung wird der Rechtsschutz nicht in unzumutbarer Weise erschwert. Sowohl der Planfeststellungsbeschluss als auch die Flugverfahrensverordnung können von einem Betroffenen unabhängig voneinander gerichtlicher Kontrolle zugeführt werden, ohne dass unzumutbare Rechtsschutznachteile entstünden. Eine unzumutbare Erschwerung des Rechtsschutzes ergibt sich dabei auch nicht aus dem Umstand, dass die Betroffenen sich im Rahmen eines einheitlich erscheinenden Lebenssachverhaltes gegen zwei Entscheidungen wenden müssen, um ihre Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen. Auch sonst ist der Rechtsschutz nicht unzumutbar erschwert. Betroffene können im Rahmen des zeitlich in der Regel vorgelagerten Rechtsschutzes gegen den Planfeststellungsbeschluss zwar nur auf Grundlage einer Prognose über die zu erwartenden Flugrouten ermitteln, ob und in welchem Ausmaß sie das Vorhaben in abwägungserheblichen Belangen betrifft, weil die endgültige (insbesondere Lärm-) Belastung erst aus der zeitlich später vorgenommenen Festlegung der Flugverfahren folgt. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber von einer Klagebefugnis aus, wenn eine Betroffenheit nicht ausgeschlossen werden kann, so dass Klägern auch nicht das Risiko der Unzulässigkeit der Klage aufgebürdet wird.
- Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts begegnet am Maßstab des Eigentumsgrundrechts und der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG) auch keinen durchgreifenden Bedenken, soweit es die Vorschrift des § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zur Unbeachtlichkeit von Fehlern im Verwaltungsverfahren zur Anwendung bringt. Das Bundesverwaltungsgericht hat Verfahrensfehler des Planfeststellungsverfahrens bei der Abgrenzung des Auslegungsgebiets der Planunterlagen und bei der Abgrenzung des Untersuchungsraums Mensch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung festgestellt. Unter Hinweis auf das Abwägungskonzept, das dem Landesentwicklungsplan und der Zulassung des Vorhabens im Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegt, hat es jedoch dargelegt, dass weder die Standortwahl noch die Bahnkonfiguration ohne die Verfahrensfehler anders ausgefallen wären. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber kann insoweit regeln, dass dem öffentlichen Interesse an der Planerhaltung und zügigen Umsetzung eines Vorhabens in begrenztem Umfang durch Fehlerunbeachtlichkeitsklauseln Rechnung getragen wird. Das gilt zumindest dann, wenn letztlich für das Ergebnis ohne Einfluss gebliebene Abwägungsfehler für unbeachtlich erklärt werden. Eine entsprechende Auslegung des Fachrechts durch die in erster Linie dazu berufenen Fachgerichte ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Grenzen finden sich erst dort, wo Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte nicht nur die Wahrung von Verfahrensstandards selbst, sondern zusätzlich auch zwingend die Sanktionierung von deren Verletzung verlangen. Vor diesem Hintergrund stellt die Auslegung des § 46 VwVfG durch das Bundesverwaltungsgericht, der zufolge ein Verfahrensfehler erst dann beachtlich ist, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre, eine vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich hinzunehmende Interpretation des Fachrechts dar.
Die Annahme der Unerheblichkeit eines Verfahrensfehlers ist verfassungsrechtlich allerdings dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die Ergebniskausalität des Fehlers nur dadurch verneint werden kann, dass das Gericht eine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzt.
Die Beschwerdeführer haben dies zwar hinsichtlich einer eventuell fehlerhaften Öffentlichkeitsbeteiligung und fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung geltend gemacht, ihrem Vortrag lässt sich aber nicht entnehmen, weshalb sich ohne die Fehler ein anderes Ergebnis ergeben hätte. Dass dies der Fall wäre, ist auch nicht erkennbar.
- Dahinstehen kann, ob das Bundesverwaltungsgericht die Anstoßwirkung der ausgelegten Unterlagen in einer verfassungsrechtlich zu beanstandenden Weise bejaht hat, indem es den Einwand der Beschwerdeführer nicht gewürdigt hat, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung von vornherein eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte. Auch dies würde der Verfassungsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil deutlich abzusehen ist, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden.
- a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt neben der Vermittlung der Kenntnis der Möglichkeit der eigenen Betroffenheit auch, dass Betroffenen ermöglicht wird, die Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit hinreichend abschätzen zu können. Diese Garantie ist gerade auch bei der Anwendung der Vorschriften über die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen zu beachten. Denn diesen kommt Rechtsschutzfunktion zu, weil Betroffene auf Grundlage der ausgelegten Unterlagen gegebenenfalls entscheiden müssen, ob und mit welchen Argumenten sie sich gegen das Vorhaben wenden sollen. Lassen die Planfeststellungsunterlagen in einem gestuften Verwaltungsverfahren aber nicht hinreichend deutlich erkennen, wie wahrscheinlich eine eigene Betroffenheit in geschützten Positionen ist, oder erweckt sie gar einen den Realisierungswahrscheinlichkeiten zuwider laufenden Eindruck, können sie ihre Anstoßwirkung nicht erfüllen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Einwand keine Beachtung geschenkt, dass durch den Plan Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens geweckt worden seien, dessen Verwirklichung nach dem nicht von der Hand zu weisenden Vorbringen der Beschwerdeführer eher unwahrscheinlich gewesen sein könnte.
Es spricht viel dafür, dass die Betroffenen nach den ausgelegten Planunterlagen davon ausgehen durften, dass es sich bei den prognostizierten parallelen Abflugverfahren um die Variante handelt, deren Verwirklichung konkret wahrscheinlich ist. Zwar mussten sie mit der Möglichkeit der Änderung der Linienführung der Flugrouten rechnen, sie mussten aber nicht davon ausgehen, dass die Verwirklichung in der in den Planunterlagen vorgesehenen Form unwahrscheinlich war. Vor dem Hintergrund der fachrechtlichen Anforderungen an die Flugroutenplanung durften die Betroffenen annehmen, dass die prognostische Flugroutenplanung nach Einschätzung der Behörde realisierbar war und den bisherigen Planungen entsprach, ihre Umsetzung also realistischerweise erwartet werden konnte, zumal es an einem hinreichend klaren Hinweis auf die besondere Unsicherheit der der Standortplanung und der Bahnkonfiguration zugrunde gelegten Flugroutenprognose gefehlt haben dürfte.
- b) Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss wegen unzulänglicher Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen und das Bundesverwaltungsgericht mangels Beanstandung dieses Verfahrensfehlers gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen haben sollten, wäre die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte jedoch nicht angezeigt. Es ist deutlich abzusehen, dass die Beschwerdeführer auch im Fall einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würden. Es spricht alles dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht auch die Ergebnisrelevanz dieses Verfahrensfehlers ebenso verneinen würde wie bei den von ihm festgestellten strukturell ähnlichen Mängeln.
- Die Feststellungen des im Verfahren 1 BvR 1026/13 angegriffenen Urteils zur materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses halten hinsichtlich der Ausführungen zur Standortwahl einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung stand und wurden von den Beschwerdeführern hinsichtlich der Bahnkonfigurationen nicht hinreichend substantiiert angegriffen.
- a) Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die für einen hinsichtlich der beiden Bahnen voneinander abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der Flugverfahren sowohl für die Wahl des Flughafenstandorts auf der Ebene der Landesplanung als auch für die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde über die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld ausreichend gewesen sei, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb im Ergebnis vertretbar abzuschätzen. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn eine bei der Standortwahl eines Flughafens im Rahmen der Landesplanung und der Planfeststellung zugrunde gelegte Prognose von der Rechtsprechung gebilligt wird, obwohl diese die konkreten und individuellen Betroffenheiten nicht abbildet, sondern nur nach Art und Ausmaß derart darstellt, dass sie als Abwägungsbelange in die Abwägung auf der jeweiligen Stufe eingestellt werden können. Hier ist der Belang „Lärm“ nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts insgesamt zutreffend in der Abwägung bei der Standortbestimmung eingebracht und berücksichtigt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Auslegung lediglich auf die Verkennung von Grundrechten hin zu überprüfen. Eine solche ist hier nicht gegeben. Es ist von Verfassungs wegen nicht geboten, bereits auf der Ebene der Planung eine Prognose zu fordern, der sich mehr als ungefähre Anzahl der Lärmbetroffenen und die Intensität der Lärmbetroffenheiten entnehmen lässt, weil unmittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen insbesondere in Gestalt von Fluglärmeinwirkungen noch nicht durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassen werden, sondern erst durch die Bestimmung der konkreten Flugrouten entstehen.
- b) Das Bundesverwaltungsgericht hat auch nicht in verfassungsrechtlich nicht hinnehmbarer Weise seine eigene Entscheidung an jene des Plangebers gesetzt, sondern lediglich das Ergebnis dieser Abwägung vor dem Hintergrund einzelner eigener Feststellungen überprüft. Die Planung des Flughafens ist trotz ihrer erkennbaren Ausrichtung auf parallele Flugrouten offensichtlich stets auf der Grundlage erfolgt, dass abweichende Flugrouten in Betracht kommen und dass sie auch bei der Festlegung anderer Flugrouten Bestand haben wird. Vor diesem Hintergrund überdehnt das Bundesverwaltungsgericht den Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses nicht, wenn es der Flugroutenprognose ein stellvertretendes, repräsentatives Element entnimmt, das es ihm wiederum ermöglicht, vergleichende Erwägungen zum Ausmaß der Lärmbetroffenheiten anderer anzustellen. Vielmehr vollzieht es die so verstandene Planung nach und stellt lediglich eigene Ermittlungen zur Kontrolle des Abwägungsergebnisses an, wenn es feststellt, dass Art und Ausmaß der Betroffenheiten bei abweichender Flugroutenfestlegung nicht „erheblich“ anders seien.
- a) Vor diesem Hintergrund hatten auch die Verfassungsbeschwerden gegen die Abweisung der Restitutionsklagen (Aktenzeichen 1 BvR 2762/12 und 1 BvR 2763/12) keinen Erfolg. Die Annahme, dass die neu beigebrachten Urkunden keine für die Beschwerdeführer günstigere Entscheidung herbeiführen würden, weil das Festhalten an der bisherigen Grobplanung für die Wahl des Flughafenstandortes und die Zulassung des Vorhabens am Standort Schönefeld sachlich gerechtfertigt sei, war aus den vorerwähnten Gründen in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
- b) Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 877/13 zugrunde liegenden Verfahren von einer Verfristung der Anfechtungsklage ausgegangen ist und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung verneint hat, ein Fall höherer Gewalt liege nicht vor, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es durfte die Anstoßfunktion der öffentlichen Bekanntmachung und damit den Beginn der Klagefrist auch bezüglich der Grundstücke bejahen, die nicht unter den ursprünglich geplanten Flugrouten lagen, weil insofern die öffentliche Bekanntmachung allein des verfügenden Teils des Planfeststellungbeschlusses im Amtsblatt und in den lokal verbreiteten Zeitungen maßgeblich war. Dass der öffentlich bekannt gemachte verfügende Teil in gleicher Weise möglicherweise unzutreffende Erwartungen in Bezug auf eine besondere Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Flugverfahrens hätte wecken können, ist von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht und auch sonst nicht erkennbar. Auch hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen an das Vorliegen höherer Gewalt nicht in verfassungsrechtlich relevanter Weise überspannt, indem es den Einwand der Täuschung nicht für erheblich gehalten hat, da die Beschwerdeführer jedenfalls nicht dargelegt haben, dass eine mögliche Täuschung ursächlich für das nicht fristgerechte Erheben der Klage war.