Eilantrag bezogen auf das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin abgelehnt

Eilantrag bezogen auf das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin abgelehnt

Eilantrag bezogen auf das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin abgelehnt

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 96/2020

Beschluss vom 28. Oktober 2020
1 BvR 972/20

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der sich gegen das Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (im Folgenden: MietenWoG Bln) am 22. November 2020 richtete, abgelehnt. Die Beschwerdeführerin hat schon nicht dargelegt, dass ihr im Fall der Ablehnung ihres Antrags ein schwerer Nachteil von besonderem Gewicht droht. Ungeachtet dessen wurden auch für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Vermieter Berlins keine solchen Nachteile aufgezeigt.

Sachverhalt:

Das MietenWoG Bln trat am 23. Februar 2020 in Kraft, mit Ausnahme der Vorschrift des § 5 MietenWoG Bln, welche erst neun Monate nach Verkündung des Gesetzes, mithin am 22. November 2020 in Kraft tritt. Das Gesetz verbietet insbesondere höhere Mieten als die am 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte Miete (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln). Das gilt sowohl für Bestandsmietverhältnisse als auch im Fall der Wiedervermietung des Wohnraums. Bei einer Neuvermietung von Wohnraum ist grundsätzlich eine Miete verboten, die die gesetzlichen Mietobergrenzen nach §§ 6 und 7 MietenWoG Bln übersteigt. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 MietenWoG Bln ist darüber hinaus in allen Mietverhältnissen eine Miete verboten, soweit sie die nach Berücksichtigung der Wohnlage bestimmte Mietobergrenze aus den §§ 6 oder 7 Abs. 1 MietenWoG Bln um mehr als 20 % überschreitet und nicht als Härtefall genehmigt ist.

Gegen die §§ 3 bis 7 sowie gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, Abs. 2 MietenWoG Bln haben mehrere Beschwerdeführende Verfassungsbeschwerde erhoben. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt eine der Beschwerdeführerinnen, das Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 und 2 MietenWoG Bln vorläufig auszusetzen.

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie ist Eigentümerin und Vermieterin von 24 Wohnungen in einem in 2009 erworbenen darlehensfinanzierten Haus in Berlin, das insbesondere auch der Altersvorsorge der beiden Gesellschafter dienen soll. Mit Inkrafttreten des § 5 MietenWoG Bln müsste sie nach ihren Darlegungen jedenfalls für 13 ihrer Wohnungen die Miete absenken.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Er genügt nicht den hohen Anforderungen, die an die Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die auf eine Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes gerichtet ist, zu stellen sind.

Wird die Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes begehrt, ist bei der grundsätzlich durchzuführenden Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen in einem solchen Fall so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen und darüber hinaus besonderes Gewicht haben. Insoweit ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel oder nur sehr erschwert revidierbar oder in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten eines Gesetzes und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache sehr schwerwiegend sind. Solche Gründe werden in dem Antrag jedoch weder im Hinblick auf die eigene Situation der Beschwerdeführerin noch für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Vermieter aufgezeigt.

Zwar werden die Beschwerdeführerin sowie alle Vermieter Berlins in vergleichbarer Lage dazu gezwungen, ihre zunächst wirksam vereinbarten Mieten in bestehenden Mietverhältnissen auf das nach § 5 Abs. 1 Satz 2 MietenWoG Bln zulässige Maß abzusenken. Es ist jedoch nach den Darlegungen der Beschwerdeführerin nicht erkennbar, dass daraus hinreichend schwere Nachteile von besonderem Gewicht folgen. Der Beschwerdeführerin werden mit Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 MietenWoG Bln zwar monatliche Mieteinnahmen entzogen. Tatsächliche Auswirkungen wirtschaftlicher Art können regelmäßig aber nicht als von ganz besonderem Gewicht bewertet werden, wenn sie nicht existenzbedrohende Ausmaße annehmen. Dies hat die Beschwerdeführerin aber weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Insoweit ist auch der durch die Anwendung des § 5 Abs. 1 MietenWoG Bln bedingte Verwaltungs- und Kostenaufwand nicht geeignet, einen solchen schwerwiegenden Nachteil zu begründen.

Bei der Beschwerdeführerin treten grundsätzlich auch keine irreversiblen Schäden für den Fall ein, dass sich die Norm nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache als verfassungswidrig erweist. Sie kann in diesem Fall die mit ihren Mietern vertraglich vereinbarten Beträge rückwirkend verlangen. Dass dennoch ein irreversibler und auch schwerwiegender Nachteil für die Beschwerdeführerin einträte, zeigt diese nicht in der gebotenen nachvollziehbaren individualisierten und konkreten Weise auf.

Ungeachtet dessen werden auch für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Vermieter Berlins keine solchen Nachteile aufgezeigt. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs dürften zwar etwa 340.000 Mietverhältnisse, in denen die Miete im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 MietenWoG Bln überhöht ist, betroffen sein. Dass eine erhebliche Zahl der Vermieter durch die Anwendung des § 5 Abs. 1 MietenWoG Bln über eine Minderung ihrer Mieteinnahmen hinaus jedoch dauerhafte erhebliche Verluste oder eine Substanzgefährdung des Mietobjekts zu befürchten hätte, ist nicht ersichtlich.