Bundesgerichtshof hebt Verurteilung des „Königs von Deutschland“ wegen Untreue und unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften auf

Bundesgerichtshof hebt Verurteilung des „Königs von Deutschland“ wegen Untreue und unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften auf

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 70/2018

Das Landgericht Halle hatte den Angeklagten wegen Untreue in Tateinheit mit unerlaubtem Betreiben von Bankgeschäften zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt.

Nach den von ihm getroffenen Feststellungen stand der Angeklagte in Wittenberg einer sektenähnlich strukturierten Gemeinschaft vor, deren Mitglieder in einem eigenen autarken Staat, dem „Königreich Deutschland“, mit dem Angeklagten als „Staatsoberhaupt“ leben wollten. Zur Finanzierung seines Ziels warb er in den Jahren 2010 bis 2013 über eine „Kooperationskasse“ von 492 Unterstützern dieser Idee Darlehen in einem Gesamtumfang von mehr als 2,4 Millionen Euro ein. Gegenstand der Verurteilung sind Einzahlungen von 38 Darlehensgebern in den Jahren 2011 und 2012 in Höhe von insgesamt etwa 1,47 Millionen Euro in die vom Angeklagten als „Vorstand“ eines „Vereins“ geführte „Kooperationskasse“. Die Darlehensgeber erhielten „Sparbücher“, in denen Ein- und Auszahlungen verbucht wurden; eine Verzinsung der Guthaben war nicht vorgesehen. Mit dem Geld wollten die Unterstützer „gemeinnützige Projekte“ der Gemeinschaft und diese selbst fördern. Nach einer Intervention der Bundesbank bzw. des Bundesamts für Finanzdienstleistungsaufsicht beinhalteten die Darlehensverträge ab 2009 Klauseln, wonach die Darlehensgeber im Fall der Insolvenz der Gemeinschaft eine Rückzahlung ihrer Darlehen nur nach den anderen Gläubigern der Gemeinschaft beanspruchen konnten. Außerhalb der Insolvenz sollte ihnen ein Rückzahlungsanspruch lediglich dann zustehen, wenn das Vermögen der Gemeinschaft ihre sonstigen Verbindlichkeiten überstieg (sogenannte qualifizierte Nachrangabreden). In den 38 Fällen erhielten die Darlehensgeber von der „Kooperationskasse“ rund 500.000 Euro zurück. Aufzeichnungen über die Verwendung der übrigen Gelder wurden nicht gefertigt. Dass sie zweckwidrig und nicht für Projekte der Gemeinschaft eingesetzt wurden, hat das Landgericht nicht festgestellt.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revision des Angeklagten in vollem Umfang aufgehoben. Die Verurteilung wegen Untreue zum Nachteil der 38 Darlehensgeber konnte nicht bestehen bleiben, weil sich aus den Urteilsgründen schon nicht ergibt, dass der Angeklagte gegenüber den Darlehensnehmern auch mit Blick auf die Zweckbestimmung der Einzahlungen eine für die Erfüllung des Tatbestands erforderliche herausgehobene Vermögensbetreuungspflicht hatte. Ein unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften im Sinne der §§ 32, 54 des Kreditwesengesetzes (KWG) ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei belegt, weil sich das Landgericht bei seiner Wertung, die mit den Darlehensgebern zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz vereinbarten formularmäßigen Nachrangabreden seien für diese überraschend und deshalb unwirksam gewesen, weder mit der Vertragsgestaltung, noch mit dem Gang der Vertragsverhandlungen, noch mit der besonderen Interessenlage der Darlehensgeber auseinandergesetzt hat.

Der Senat hat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Vorinstanz:

Landgericht Halle – Urteil vom 15. März 2017 – 13 KLs 672 Js 14849/13 (20/16)

Karlsruhe, den 9. April 2018