Befangenheitsantrag gegen den Richter des Bundesverfassungsgerichts Müller abgelehnt

Befangenheitsantrag gegen den Richter des Bundesverfassungsgerichts Müller abgelehnt

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 52/2016

Der Beschwerdeführer wendet sich mit einer Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag vom 22. September 2013 und hat Richter Müller wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Zweite Senat entschieden, dass die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sachverhalte keinen Anlass dafür bieten, an der Unvoreingenommenheit des Richters Müller zu zweifeln. Insbesondere weisen die vorgetragenen Sachverhalte keinen hinreichenden Bezug zum Gegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde auf.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat Einspruch gegen die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag vom 22. September 2013 erhoben, der vom Bundestag zurückgewiesen wurde. Daraufhin hat der Beschwerdeführer Wahlprüfungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben. Er zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Fünf-Prozent-Sperrklausel und rügt die nach seiner Ansicht „verschleierte staatliche Parteien- und Wahlkampffinanzierung der Bundestagsparteien“. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer den Richter Müller wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und beantragt, ihn vom vorliegenden Verfahren auszuschließen. Diesen Antrag begründet der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass Richter Müller als Ministerpräsident des Saarlandes im Vorfeld der Landtagswahlen im Jahr 2009 durch von ihm zu verantwortende Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung „verschleierte“ staatliche Parteienfinanzierung zugunsten seiner Partei betrieben habe. Die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen habe der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes mit Urteil vom 1. Juli 2010 festgestellt. Außerdem stützt der Beschwerdeführer sein Ablehnungsgesuch auf die Mitwirkung des Richters Müller am Haushaltsentwurf der Regierung des Saarlandes für das Jahr 2010 und am Saarländischen Fraktionsrechtsstellungsgesetz vom 13. November 1996. Darüber hinaus nehme der Richter Müller dem Beschwerdeführer gegenüber eine, über bloße Antipathie hinausgehende, „feindselige Haltung“ ein, die bei einer Podiumsdiskussion im rheinland-pfälzischen Landtag im Jahr 2000 zum Ausdruck gekommen sei. Außerdem habe er im Zusammenhang mit der Ernennung des Richters Müller zum Verfassungsrichter „drastische Kritik“ geübt, die eine unbefangene Entscheidung ausschließe.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Der Antrag auf Ablehnung von Richter Müller ist zulässig, aber unbegründet.

  1. Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist dabei allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
  2. Gemessen an diesem Maßstab ist nicht von einer Besorgnis der Befangenheit des Richters Müller auszugehen.
  3. a) Ein hinreichender Bezug der vom Beschwerdeführer dargestellten Sachverhalte zum Verfahrensgegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde ist nicht erkennbar. Das vom Beschwerdeführer angeführte Urteil des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs vom 1. Juli 2010 betrifft die Frage, ob durch die Maßnahmen der Landesregierung im Vorfeld der Wahl des Landtages des Saarlandes am 30. August 2009 die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit überschritten worden sind. Im Unterschied dazu wendet der Beschwerdeführer sich gegen die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag. Die dabei von ihm geltend gemachten Wahlfehler betreffen auch inhaltlich nicht Prüfungsgegenstände, mit denen der Saarländische Verfassungsgerichtshof sich in seiner Entscheidung befasst hat. Insofern ist nicht ersichtlich, inwieweit Richter Müller an einer unvoreingenommenen Entscheidung der vorliegend relevanten Streitgegenstände gehindert sein sollte.
  4. b) Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Haushaltsentwurf der Regierung des Saarlandes für das Jahr 2010, der von Richter Müller als Ministerpräsident des Saarlandes miteingebracht wurde, und seine Mitwirkung an der Verabschiedung des Saarländischen Fraktionsrechtsstellungsgesetzes am 13. November 1996 als Abgeordneter und Vorsitzender der CDU-Fraktion des Saarländischen Landtags begründen eine Besorgnis der Befangenheit des Richters ebenfalls nicht. Auch insoweit fehlt es an einem hinreichenden Bezug zum vorliegenden Verfahren.
  5. c) Auch aus der Gesamtbetrachtung der vom Beschwerdeführer angeführten Sachverhalte ergibt sich nichts anderes. Sowohl die Vorgänge betreffend die Öffentlichkeitsarbeit der saarländischen Landesregierung als auch die Mitwirkung an Landesgesetzen sind dem politischen Wirken des Richters Müller vor seiner Ernennung zum Richter des Bundesverfassungsgerichts zuzuordnen. Zu den von ihm bekleideten Ämtern gehören naturgemäß die Mitwirkung an möglicherweise umstrittenen Gesetzen und die Initiierung von Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei Richter Müller nunmehr in seinem Amt als Verfassungsrichter gegenüber den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensgegenständen eine Besorgnis der Befangenheit angenommen werden muss.
  6. Die Besorgnis der Befangenheit lässt sich schließlich nicht mit einer „feindseligen Einstellung“ des Richters Müller gegenüber dem Beschwerdeführer begründen. Auch kann das Ablehnungsgesuch nicht darauf gestützt werden, dass der Beschwerdeführer „drastische Kritik“ an der Eignung des Richters Müller zum Verfassungsrichter geäußert hat. Ansonsten könnte jeder Beteiligte eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht die Befangenheit eines Richters herbeiführen, indem er „drastische“ Kritik an diesem äußert.