Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 159/2017
Das Landgericht Ulm hat die beiden Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen lebte die Angeklagte, die Mutter des im Jahr 2006 geborenen R., seit Herbst 2009 mit ihrem Lebensgefährten, dem Mitangeklagten, und ihrem Sohn in häuslicher Gemeinschaft. Der Mitangeklagte übernahm dabei die Vaterrolle für R. Spätestens ab Mitte Februar 2011 erfolgten mehrfache massive Misshandlungen des Kindes durch jeweils einen der Angeklagten. Diese rohen Misshandlungen richteten sich gegen den gesamten Körper, auch gegen das Gesicht und den Schädel des R. Wer die einzelnen Gewalthandlungen ausführte, konnte das Landgericht nicht ermitteln. Ausweislich der Feststellungen wusste der/die jeweils untätige Angeklagte allerdings um die Ursache der Verletzungen und billigte das Verhalten des anderen.
Am Tattag, dem 12. März 2011, schlug zumindest einer der beiden Angeklagten das Kind in der gemeinsamen Wohnung massiv mit der Faust auf den Schädel oder ließ es an den Füßen haltend kopfüber aus nicht geringer Höhe auf den Schädel fallen. Dies hatte eine sofortige Bewusstlosigkeit des Kindes zur Folge und führte nach wenigen Minuten zum Herzstillstand und noch am selben Tag zum Eintritt des Hirntodes. Auch bezüglich dieser Tathandlung konnte das Landgericht nicht feststellen, welcher der beiden Angeklagten die Gewalthandlung ausführte.
Auf die Revision der beiden Angeklagten hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs dieses Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Nach Auffassung des Senats genügen die bislang getroffenen Feststellungen zu den tatsächlichen Geschehnissen nicht, um beide Angeklagten als Mittäter einer Körperverletzung zu Lasten des getöteten Kindes anzusehen. Diese Mittäterschaft ist aber notwendige Voraussetzung für die jeweils erfolgte Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB). Der Mangel im Urteil des Landgerichts führt zur Aufhebung des Urteils insgesamt, weil wegen des einheitlichen Geschehens auch die für sich genommen rechtsfehlerfrei angenommene Verurteilung wegen Misshandlung Schutzbefohlener (§ 225 StGB) nicht bestehen bleiben kann.
Der Senat hat allerdings darauf hingewiesen, dass nach den bislang festgestellten Umständen eine Verurteilung der Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder wegen strafbarer Beihilfe dazu keineswegs ausgeschlossen ist. Die jetzt neu zur Entscheidung berufene Strafkammer muss dann jedoch weitergehende Feststellungen treffen, als dies im aufgehobenen Urteil der Fall war.
Vorinstanz:
LG Ulm – Urteil vom 20. Juni 2016 – 2 Ks 25 Js 5083/11
§ 227 StGB – Körperverletzung mit Todesfolge
(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) …
Karlsruhe, den 10. Oktober 2017