Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 56/2015
Eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung knüpfende Bemessung einer Sozialplanabfindung ist unwirksam, wenn sie schwerbehinderte Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern, die in gleicher Weise wie sie von einem sozialplanpflichtigen Arbeitsplatzverlust betroffen sind, schlechter stellt.
Der 1950 geborene und schwerbehinderte Kläger war seit Mai 1980 bei der Beklagten beschäftigt. Anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. März 2012 erhielt er neben dem Zusatzbetrag weitere 10.000 Euro als Abfindung, die sich nach der Formelberechnung ansonsten auf 64.558 Euro belaufen hätte. Mit seiner Klage hat er zuletzt die Zahlung einer weiteren Abfindung in Höhe von 30.000 Euro unter Berücksichtigung der Begrenzung für rentennahe Jahrgänge verlangt.
In diesem Umfang haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Differenziert ein Sozialplan für die Berechnung einer Abfindung zwischen unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen, hat ein damit einhergehender Systemwechsel die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu beachten. In der Regelung über den pauschalierten Abfindungsbetrag für Arbeitnehmer, die wegen ihrer Schwerbehinderung rentenberechtigt sind, liegt eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung knüpfende Ungleichbehandlung. Diese benachteiligt behinderte Arbeitnehmer, denen nach einer für nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer geltenden Berechnungsformel ein höherer Abfindungsbetrag zustehen würde. Sie darf gemäß § 7 Abs. 2 AGG ihnen gegenüber nicht angewendet werden.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 17. November 2015 – 1 AZR 938/13 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln
Urteil vom 19. November 2013 – 12 Sa 692/13 –